Politik soll wieder ein ehrbarer Beruf werden
Arbeitgeber eines Abgeordneten sind die Wähler, und nicht Parteichefs mit Scheckbüchern.
Reportagen aus dem Deutschen Bundestag zu gestalten, das gehört für jeden Deutschland-Korrespondenten zu den spannenden, oft vergnüglichen Arbeitsaufträgen. Parlamentarier in Berlin sprechen selbstbewusster, mit mehr sachlichem Hintergrund und oft mit geschliffener Rhetorik. Aber das ist nicht alles. Die deutsche Bundesregierung nimmt das Parlament grundsätzlich ernst, und die Fraktionen führen trotz Klubzwangs ein politisches Eigenleben. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass knapp die Hälfte der deutschen Abgeordneten direkt in ihrem Wahlkreis gewählt werden – und von Parteiapparaten und Machtfaktoren weniger abhängig sind als bei uns.
Bundeskanzlerin Angela Merkel meinte kürzlich in einem Spiegel-Interview: „Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Der Parlamentsvorbehalt bei Einsätzen verleiht unseren Entscheidungen Stabilität, verlangt aber auch andere Entscheidungsprozesse als in anderen europäischen Ländern.“
Bei uns hingegen wurde über den Golan-Einsatz der Blauhelme lange gar nicht gesprochen, obwohl die Außenpolitiker im Nationalrat hätten wissen müssen, dass die Sicherheitslage am Golan seit einem Jahr bedrohlich war. Und jetzt wurde die Entscheidung der Regierung von den Abgeordneten von SPÖ und ÖVP zur Kenntnis genommen, wobei der Außenminister seinen Staatssekretär schickte. „Hände falten, Gosch’n halten“ ( © Ferry Maier, Ex-Abgeordneter, ÖVP)
Parlament der Beamten und Parteiangestellten
Die kommenden Wahlen böten die Chance, dass wenigstens ein paar neue Frauen und Männer mit Kenntnissen eines Fachgebietes und einwandfreier Beherrschung der deutschen Sprache Parlamentarier werden. Aber die Auswahlverfahren der Parteien werden immer enger. Landeshauptleute nominieren ihre Vertrauten für das Bundesparlament – eine verfassungsrechtliche Absurdität – und dann bemühen sich fast nur mehr Beamte oder Angestellte von Parteien um ein Mandat. Gerade auch in der ÖVP, die mit Wirtschaftskompetenz punkten will.
Aber es muss auch Schluss mit dem Herunterlizitieren beim Beruf des Politikers sein. Wenn wir Abgeordnete wollen, die im Leben stehen, dann müssen diese auch erfolgreich in Unternehmen oder freien Berufen sein dürfen. Ohne Neid auf möglicherweise gute Einkommen. Und Politiker sollen ins Ausland fahren, Sprachen lernen, sich in ihrem Fachgebiet weiterbilden. Auch auf Kosten der Republik.
Die Politik garantiert auch keine Lebensstellung. Die Abgeordnete Martina Schenk, im Moment dem Team Stronach dienend, meinte bei ihrem jüngsten Parteiwechsel, man habe halt mehrere Arbeitgeber im Laufe des Berufslebens. Da hat die Dame von parlamentarischer Demokratie nichts verstanden. Arbeitgeber eines Abgeordneten sind die Wähler, und nicht Parteichefs mit mehr oder weniger großen Scheckbüchern.
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