Lehrer-Dienstrecht bleibt ein Pfusch

Im lähmend leidigen Konflikt hilft nur eines: Alle Streitparteien müssen in Bälde zurück an den Start.
Josef Votzi

Josef Votzi

Im lähmend leidigen Konflikt hilft nur eines: Alle Streitparteien müssen in Bälde zurück an den Start.

von Josef Votzi

über das Lehrer-Dienstrecht

Diese Woche ließen sie zwei Stunden ausfallen, demnächst sollen es mehr werden. Noch vor Weihnachten droht ein echter Lehrerstreik, wenn das Parlament den Regierungsplan wahr macht: Alle Pädagogen müssen künftig 24 Stunden unterrichten. Der lähmend leidige Streit ist auch danach nicht vom Tisch. Die Pädagogen wollen mit den Protesten weitermachen.

Die Missstimmung ist massiv, vor allem unter AHS-Lehrern, wie jeder Lokalaugenschein belegt. Selbst unter jenen, die vom neuen Dienstrecht zu Karrierebeginn profitieren, ist die Stimmung im Keller. Taufrische Junglehrer albträumen schon jetzt vom drohenden „Burn-out“. „Wer behauptet, die Lehrer seien mittags zu Hause, hat die Entwicklung verschlafen“, beklagt ein langjähriger Deutschprofessor gegenüber dem KURIER: „Ich selbst verbringe schon heute 35,5 Stunden pro Woche in der Schule, weil ich unterrichte und Sprechstunden habe etc. Die Korrektur von Hausaufgaben oder Schularbeiten passiert am Freitagabend und am Wochenende.“

Klagen wie diese werden reflexartig oft damit abgetan: Aber dafür haben die Lehrer bis zu drei Monate Ferien=Urlaub im Jahr.

Von beiden Seiten unbestritten ist aber: Das neue Lehrer-Dienstrecht bleibt ein Flickwerk, das alle frustet. Aus Sicht vieler Lehrer ist es ungerecht und nicht hilfreich für bessere Schulen. Aus Sicht vieler Normalbürger ist es alles andere als ein epochaler Durchbruch.

Es ist freilich illusorisch zu glauben, dass die Regierung das Lehrerpaket ob des beidseitigen Frusts und der Streiklust noch einmal aufschnürt. Maximal im Kleingedruckten wird noch nachgebessert, alles andere würde ihre Autorität noch weiter zu Grabe tragen.

Zauberwort Jahresarbeitszeit & Autonomie

Punkten wird im leidigen Lehrerkonflikt nur der, der das Gesetz mit zugehaltener Nase durchwinkt – aber auch die Courage hat, alle Streitparteien bald zurück an den Start zu bitten. Das neue Dienstrecht gilt nur für Junglehrer. Diese können zudem bis 2019 wählen, ob sie im alten privilegierten Dienstrecht (mit weniger Muss-Unterrichtsstunden) bleiben oder fürs höhere Anfangsgehalt samt höherer Lehrverpflichtung optieren.

Niemand hindert die Politik daran, die fünf Jahre Übergangszeit zu nutzen, die ersten Erfahrungen umgehend zu bewerten und danach das Arbeitszeitmodell für die Schulen radikal neu aufzusetzen. Keine Berufsgruppe im Land bekommt vom Gesetzgeber vorgeschrieben, wie lange sie an der Supermarktkassa, an der Werkbank oder am Bankschalter zu sitzen hat.

Endgültig im 21. Jahrhundert ankommen wird die Schule dann, wenn das Parlament dem Lehrer-Bashing den Garaus macht und den Weg zu einem unverkrampften Umgang mit den Pädagogen freigibt: Die Erbsenzählerei mit 50-Minuten-Stunden war gestern. Auch das Unternehmen Schule ist reif für beidseitig transparente Arbeitsverträge: Lehrer wird ein immens wichtiger Beruf bleiben – auch mit Regeln, wie sie für alle anderen Arbeitnehmer gelten, inklusive definierter Wochen- und Jahresarbeitszeit samt Urlaubsanspruch ohne Ferienflunkerei. Wie die Arbeitszeit wofür genutzt wird, entscheidet wie in jedem anderen Beruf der unmittelbare Chef, sprich das jeweilige Schulmanagement. Denn niemand weiß besser als das Führungsteam vor Ort, wo die Not am größten ist.

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