Die Grünen werden langsam erwachsen

Regieren mit der Milliardärspartei? Die Ökos verlieren ihre naive Unschuld im Umgang mit der Macht.
Josef Votzi

Josef Votzi

Die Grünen auf dem Weg zu einer Partei des Machbaren?

von Josef Votzi

über Veränderungen in der Öko-Partei

Der leidenschaftliche Raucher sah drein, als hätte ihm jemand seine geliebten Glimmstängel unauffindbar versteckt. Alexander Van der Bellen hatte Dienstagabend im ORF-Report live zu erklären, warum sich seine Partei in Salzburg mit der Söldnertruppe des „Team Stronach“ einlassen will. Wie kann man mit einer Partei regieren, die nach der Pfeife eines Milliardärs tanzt – und erst den Euro und dann die Gewerkschaften abschaffen will? Der grüne Professor konterte zunehmend genervt: „Jetzt ist Wahlkampf“ – was wirklich machbar ist, wisse man erst danach. . .

Selbst die grüne Vaterfigur tut sich schwer, mit der neuen Rolle seiner Partei entspannt umzugehen. Grüne Wahlsiege wie die bisher einmaligen 20 Prozent in Salzburg wecken offenbar hundertprozentige Erwartungen. Von außen und innen hagelt es Kritik, dass sich die Partei allzu willig und billig jedermann an den Hals schmeißt. Grüne Parteichefs a. D. wie Freda Meissner-Blau, Johannes Voggenhuber und Andreas Wabl befürchten gar, dass ihre Nachfolger die Wahlerfolge fahrlässig verspielen.

Alarmstufe Rot-Gelb abgeblasen

Bis vor wenigen Tagen standen die Zeichen zwischen Bundesgrünen und Salzburgs Wahlsiegern auf Sturm. Im Parlament formierte sich eine Gruppe, die Stimmung gegen die geplante schwarz-grün-gelbe Allianz in Salzburg und massiv für die erste grüne Landeshauptfrau auf einem rot-gelben Ticket mobil machen wollte.

Sie bliesen intern fünf vor zwölf zum Rückzug. Die erste grüne Leider-nein-Landeshauptfrau Astrid Rössler hatte die widerspenstigen Wiener mit einer simplen Rechenaufgabe überzeugt. Das Angebot, sich von Rot-Grün-Gelb zur Nummer eins wählen lassen, sieht nur auf den ersten Blick verlockend aus.

Der Pferdefuß: Die neun roten und sieben grünen Mandatare brauchen alle drei im Landtag sitzenden Stronach-Abgeordneten, um die erforderliche absolute Mehrheit von 19 Stimmen zu erreichen. Das heißt vice versa: Rot-Grün-Gelb ist jeden Tag durch einen der drei Stronach-Jünger politisch erpressbar, weil abwählbar.

Sobald die Landesregierung steht, ist bei Schwarz-Grün-Gelb die Erpressungsgefahr durch die Milliardärs-Partei bei null. Dank 11 schwarzen und 7 grünen Stimmen steht es im Landtag im Konfliktfall 18 (Schwarz-Grün) zu 18 (Rot-Blau-Gelb). Die Dreier-Koalition ist nicht mehr abwählbar, was immer im „ Team Stronach“ passiert.Kühle Machtkalküle wie diese hängt niemand gern an die große Glocke – zumal nicht die Grünen. Die als weltfremde Besserwisser und bodenlose Idealisten verschriene Truppe bewegt sich so dieser Tage lautlos einen Riesenschritt in Richtung Realpolitik und Pragmatismus.

Mit Salzburg werden sie bald in fünf von neun Bundesländern mitregieren. Die Grünen auf dem Weg zu einer Partei des Machbaren? Wenn dies das Schlimmste wird, das man den Ökos nachhaltig vorwerfen kann, dann wird Alexander Van der Bellen kritische Fragen künftig auch viele Zigarettenlängen lang entspannter überstehen.

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