Kurz’ Fahrt ins Blaue
Das Angebot halbe-halbe wird nicht reichen. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die FPÖ hoch pokern will.
Nach dem Wahlerfolg ist vor der größten Hürde, dem Koalitionspoker. FPÖ-Chef Strache hat diesen kraftmeierisch so eröffnet: Der nächste Innenminister muss ein Blauer sein. Es ist zwar eine hartnäckige Mär, dass sich der Bundespräsident gegen einen Innenminister Strache ausgesprochen hat. Es gibt in der Republik aber zu Recht viele besorgte Gesichter, dass die FPÖ bald hochoffiziell Zugang zu sensiblen Daten samt Geheimdiensten haben könnte. Der Skandal eines FPÖ-Polizisten, der für seine Partei vertrauliche Strafregister-Daten illegal absaugte, ist noch nicht vergessen. Lehnt VdB Strache aber als Innenminister ab, lässt er auch Schwarz/Türkis-Blau platzen. Da derzeit weder Schwarz-Rot noch Rot-Blau in Reichweite sind, sieht man in der Hofburg keine Alternative, als Strache als Minister wo auch immer zu akzeptieren.
Gesichert ist, dass weder Van der Bellen noch Kurz einen blauen Chef im Außenamt haben wollen – zumindest solange dort die politisch lebenswichtigen Europa-Agenden ressortieren. Gegessen ist das Thema aber noch nicht.
Kurz suchte so gleich vom Start weg gute Stimmung zu machen. Auch wenn es das Wahlergebnis (26 FPÖ : 31,5 ÖVP) nicht gebietet, will Kurz bei den Ministerien halbe-halbe machen. Denn ab heute hat Kurz zwei Parteien, mit denen er zurechtkommen muss: In der ÖVP wird er noch länger vom Wahlerfolg zehren können und entsprechend durchsetzungsstark sein. Die FPÖ ist für den erfolgsgewohnten Kanzler-Anwärter vielfach noch eine Blackbox.
Es ist nicht inszeniert, sondern Faktum, dass sich Strache und Kurz vergangene Woche erstmals privat intensiv beschnuppert haben. Kurz erkundigte sich zudem in den letzten Tagen, wo immer er konnte, nach Stärken und Schwächen blauer Ministeranwärter. Bislang hat das türkise Drehbuch für Kurz perfekt funktioniert. Ab heute spielt ein unberechenbarer Zweiter mit. Alle Anzeichen sprechen dafür: Die Blauen haben vor, hoch zu pokern.
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