Das billige Spiel mit dem Rabatt in Brüssel

Eine Kürzung der EU-Fördergelder kostet Österreich mehr als ein paar Hundert Million mehr für die EU.
Josef Votzi

Josef Votzi

Ohne den EU-Binnenmarkt würde es allen Österreichern dramatisch schlechter gehen.

von Josef Votzi

über den EU-Budgetgipfel

Wie tief drücken die Briten Brüssel unter eine Billion Euro? Muss Österreich künftig eine Milliarde mehr einzahlen, als es herausnimmt? Im Poker um das EU-Budget purzeln die Rekorde – nicht bei Einnahmen oder Ausgaben, sondern bei der Dramatisierung einer politischen Rechenübung. Worum geht es bei der jüngsten Gipfelmania, bei der ob der hysterischen Inszenierung viele Augen und Ohren zuklappen? Die 27 EU-Regierungschefs legen fest, wer wie viel in die EU-Töpfe einzahlt und wie viel wofür herausnehmen darf. Um Planungssicherheit für transnationale Projekte zu geben (in Österreich etwa für die legendären Ziel-1-Gebiet-Investitionen im Burgenland), wird der Finanzplan für 7 Jahre geschnürt. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich der Interessenausgleich bei Großkalibern wie Merkel & Co am Verhandlungstisch zieht. Beim EU-Budget 2014–2020 kommt erstmals erschwerend hinzu, dass das EU-Parlament mit dem frisch erworbenen Veto-Recht droht.

Das Spektakel mit nächtlichem Sitzungsmarathon und stundenlangen Unterbrechungen wird aber primär für die 500 Millionen Daheimgebliebenen geboten. In britischen Medien lässt sich David Cameron wegen der ersten realen Kürzung des EU-Haushalts bereits als männliche Wiederkehr von Maggie Thatcher feiern.

Nationale Budgets werden undramatischer und schneller durchgepeitscht – obwohl sie politisch und ökonomisch ein viel größeres Gewicht haben. Rechnet man Österreichs Staatshaushalt auf 7 Jahre hoch, dann geben wir im gleichen Zeitraum mit rund 500 Milliarden nur um die Hälfte weniger Geld aus als die EU für 70-mal mehr Menschen. Und stellt man die heiß umfehdete EU-Nettozahlerleistung von 1 Milliarde in Relation zu nationalen Zahlungsverpflichtungen, kommt noch schneller Ernüchterung auf. Österreich gibt allein zur Finanzierung seiner Schulden 8 Milliarden Euro jährlich aus.

Krawallmedien auf Geisterfahrer-Kurs

In einem Land der massenmedialen Geisterfahrer auf EU-Crashkurs kann nicht oft genug gesagt werden: Ohne den EU-Binnenmarkt würde es allen Österreichern dramatisch schlechter gehen. Wenn Brüssel Fördergelder für ärmere EU-Nettoempfänger-Länder streicht, schadet das reichen Netto-Exporteuren wie Österreich viel mehr, als wenn wir noch ein paar Hundert Millionen mehr netto in die EU-Töpfe einzuzahlen haben.

Das mag kurzfristig weniger Dramatik fürs Gipfeltheater am Boulevard hergeben. Da wird der Kanzler mal zum „Mister Rabatt“ aufgeblasen, mal wird ihm nach Belieben wieder die Luft ausgelassen: Wenn Faymann nicht mit einem herzeigbaren Nachlass für Nettozahler im Handgepäck heimkomme, könne er die Nationalratswahl gleich abschreiben. Damit gewinnt man maximal eine Vorstellung im innenpolitischen Kasperltheater – Drehbuch, Regie und an der Kassa: Die Krawallmedienmacher des heutigen Österreich.

Eine überlebenswichtige wachsende Mehrheit im Land für mehr Europa bleibt so eine Fata Morgana wie eine Brüsseler Sitzungsnacht ohne Theaterdonner.

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