Feiern, wo grad nichts zu feiern ist
Deutschland und Frankreich sind just außer Tritt, während Großbritannien ein neues Europa will.
Die deutsche Kanzlerin will Französisch lernen, später, wenn sie mehr Zeit hat. Und der französische Präsident hofft insgeheim auch auf später: Auf September, wenn Angela Merkel vielleicht doch nicht mehr im Amt ist. Dass sie bei der Frankreich-Wahl Nicolas Sarkozy offen unterstützte, hat er ihr nicht verziehen.
Keine Frage: Über den Feiern zur Unterzeichnung des deutsch-französischen Élysée-Vertrages vor 50 Jahren liegt der Schatten der Gegenwart. Adenauer und De Gaulle, Schmidt und Giscard d’Estaing, Kohl und Mitterrand, das waren Achsen, von denen Europa vom Euro bis zur Wiedervereinigung profitiert hat – auch wenn Großbritannien, der dritte große Player, damals wie heute bockte. Merkel und Hollande aber haben, trotz des neuen Per-Du, ein Problem. Nicht nur ein persönliches.
In der Krise haben sich die beiden Staaten auseinanderentwickelt. Deutschland ist der Motor Europas geblieben, gibt den Takt vor: Schuldenabbau, Wettbewerbsfähigkeit, Disziplin – deutsche Tugenden, daran soll der Kontinent genesen. Frankreich wiederum droht der nächste Patient auf dem Chirurgentisch der Krise zu werden, mit einem verkrusteten Staatssystem und einem Präsidenten, der vor Reformen zaudert: Staatliche Wachstumsprogramme und Vergemeinschaftung der Schulden, lautet sein Weg.
Hollande an der Spitze der darbenden Südländer Europas, Merkel im Führerstand Nordens – eine gemeinsame Lokomotive Europas schnurrt anders. Und wenn jetzt noch der Brite David Cameron als Weichensteller auftreten will, der einen Verbleib in der EU von einem Gegenkurs zur gemeinsamen Handlungsfähigkeit vorschlägt, dann ist für Feiern wenig Anlass. Eine wirkliche deutsch-französische Achse wäre dringlicher.
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