KHG – oder die ewige Warnung vor Hybris

Einer der talentiertesten Politiker der 2. Republik sitzt da wie ein Häufchen Elend. Nicht nur er ist schuld.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Er war intelligent genug, um zu wissen, dass er damit alle beschwindelt hat.

von Dr. Helmut Brandstätter

über Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser

Was für ein Unterschied: Im Jänner 2011 saß Karl-Heinz Grasser lässig in der ORF-Runde "Im Zentrum" und freute sich über den Brief einer Frau, die ihn "für diese abscheuliche Neidgesellschaft zu jung als Finanzminister, zu intelligent, zu schön" fand. Am Donnerstag klagte ein geknickter Grasser auf ServusTV, er könne keinen fairen Prozess erwarten. Die Medien seien schuld. Dieselben Medien natürlich, mit denen Grasser spielte wie kein anderer, denen er stets die perfekte Marketing-Show bot.

KHG, auf dieses Kürzel war er ja besonders stolz, ist ein vielfaches Opfer, zuerst natürlich seiner Hybris, dann aber auch des Medien-Lifts, der nicht nur nach oben geht, ein Opfer auch der Unterwürfigkeit vieler Landsleute, die Blender wie ihn gerne bewundern, ein Opfer falscher Freunde und ein Opfer eines Politikbetriebes, den er zu beherrschen glaubte.

Wer in Marketing verliebt ist, statt Inhalte zu erarbeiten, produziert solche Sätze: "Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget." Das fetzt, das passt ins Fernsehen und überfordert kein Kleinformat. Er war intelligent genug, um zu wissen, dass er damit alle beschwindelt hat. Sein (nach Jörg Haider) zweiter Mentor Wolfgang Schüssel wusste es ebenso. Dass das Nulldefizit des Budgets 2001 auch die höchste Steuerquote brachte, dafür aber keine Maßnahmen, die für die nachhaltige Sanierung des Bundeshaushalts sorgen würde, kümmerte ihn damals nicht, Schüssel und die ÖVP auch nicht.

Oder: "Die Regierung will die modernste, beste und effizienteste Verwaltung Europas schaffen. Für die dafür notwendigen Strukturreformen werden jetzt die Eckpfeiler eingeschlagen." Eckpfeiler, das klingt großartig, wer sollte etwas dagegen haben, nur wo waren sie? Und Grasser weiter: "Es ist eine unglaubliche Herausforderung, vom k. und k. Hoheitsstaat zum Service- und Dienstleistungsstaat zu werden."

Das Amt respektieren, nicht Politiker verehren

Hier hat Grasser einen Punkt getroffen, aber nicht im Sinne von Reformen. An die Habsburger erinnert vielmehr die gebückte Haltung, mit der sich noch immer viele Österreicher dem Fürstenthron nähern, ob er nun in einem Ministerium oder in einer Landesregierung steht. Das genießt jeder Politiker, bis halt irgendwann Schluss ist und alle ehemals Unterwürfigen schimpfen. Eine selbstbewusste bürgerliche Gesellschaft hätte einen Finanzminister, der in der Loge die Champagnerkorken krachen lässt, aus der Oper hinausgeworfen.

So gesehen war es Grassers größtes Missgeschick, dass er die sogenannte "Homepage-Affäre" überstanden hat. Die Industriellenvereinigung hatte einem KHG-nahen Verein Geld gespendet, das jeder andere hätte versteuern müssen. Wäre Grasser im Jahr 2004 zurückgetreten, was logisch gewesen wäre, hätte er sich gierige Freunde, falsche Unterwürfigkeit und viele Vorwürfe erspart, über die jetzt ein Gericht entscheiden muss.

Grasser – ein Lehrstück für die Zukunft?

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