Intelligente können aus Geschichte lernen
Jeder Anlass ist gut, dass wir uns mit unserer Geschichte beschäftigen
Wer denkt schon bei einem Glas Rotwein an den finstersten Teil der Geschichte? Die Rebsorte Zweigelt ist eine Kreuzung aus St. Laurent und Blaufränkisch , erfunden von Friedrich Zweigelt, der 1938 Chef der Weinbauschule Klosterneuburg wurde. Zweigelt war aber auch ein rabiater Antisemit, der einen Schüler an die Nazis verraten hat. Sollen wir jetzt den Namen Zweigelt von den Etiketten verbannen?
Jeder Anlass ist gut, dass wir uns mit unserer Geschichte beschäftigen. Es sind ja ohnehin nur mehr wenige Zeitzeugen am Leben, die erklären können, warum sie Nazis wurden oder Opfer, die schildern, wie sie Verfolgung und Konzentrationslager überlebt haben. Aber die Art und Weise, wie Parteigänger von SPÖ und ÖVP jetzt mit dem Finger auf den schlimmsten Antisemiten des jeweils anderen Lagers zeigen, ist nur mehr peinlich.
Antisemitismus gab es schon lange vor Adolf Hitler. Die katholische Kirche hat hier große Schuld auf sich geladen. Der Prediger Abraham a Sancta Clara (1644– 1709) war bekannt für antijüdischen Furor. In Wien wird er mit einer Straße und einem Denkmal geehrt. Politisch wurde der Hass auf die Juden nicht nur in Österreich eingesetzt. In Wien machte Bürgermeister Karl Lueger (1844–1910) damit bei den Kleinbürgern Stimmung und Stimmen, Bundespräsident Karl Renner (1870–1950) argumentierte noch nach dem Holocaust gegen die Ansiedlung von Juden in Wien. Man brauche die Arbeitsplätze für die „eigenen Leute“.
Aber die Umbenennung des Dr.-Karl-Lueger-Rings hat keinen Antisemiten bekehrt, ein Parlamentsring, der nicht mehr an Karl Renner erinnert, bringt auch nichts. Die Parteien sollen sich darüber unterhalten, wie unsere Geschichte regelmäßig thematisiert werden kann. Und wie jede Form von Rassismus geächtet wird.
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