Häupls letzter Hasard
Häupls letzter Hasard
Michael Häupl ist immer für Überraschungen gut. Wochenlang ließ der Wiener Bürgermeister auch seine eigenen Leute spekulieren, er wolle mit einer Juni-Wahl vom Rummel des Song Contest im Mai profitieren: Wien, Wien nur du allein kannst die Stadt von Wolfgang Amadeus und Conchita Wurst sein. Der schlaue Politfuchs weiß, dass er damit außerhalb der Gürtelbezirke nicht punkten kann. Ob Häupl noch einmal über die magische 40-Prozentgrenze springt, wird nicht in Bobostan, sondern in den (noch) roten Hochburgen Simmering, Favoriten, Floridsdorf und Donaustadt entschieden. Und da hat die SPÖ einige Hausaufgaben noch zu erledigen (siehe Wien-Chronik). Denn Häupl will auch als wichtigster roter Fädenzieher im Spiel bleiben. Ohne Erwin Pröll und Michael Häupl soll auch im Bund weiterhin nichts gehen.
Mit zwei scheinbar nebenher platzierten Sätzen hat Häupl so jüngst den SPÖ-Slogan von der Reichensteuer über Nacht demoliert. Häupl weiß seine Intellektualität gut zu verbergen und gibt lieber den weinseligen Bierkutscher. Wenn es ans Eingemachte geht, ist er ein nüchtern rechnender Pragmatiker. Dass die Abfuhr für die Reichensteuer auch seinen Millionärsfreunden in den Boulevard-Medien geschuldet war, ist nicht zu Unrecht Gegenstand von Spekulationen. Fakt ist, dass er dafür am Boulevard seit Tagen anhaltenden Applaus erntet.
Mit dem Oktober-Wahltermin hat sich Wiens SP-Chef doppelt Luft verschafft: Wird aus der heillos zerredeten Steuerreform wider Erwarten doch noch was, könnte er mehr netto vom Brutto auch in der Wahlurne lukrieren. Scheitert Rot-Schwarz am Milliarden-Paket, bleibt reichlich Zeit für einen politischen und personellen Neustart in der SPÖ. Denn Häupls Reichensteuer-Volte beweist: Päpstlicher als der Papst zu sein, darf sich in der SPÖ derzeit nur einer herausnehmen – Michel locuta, causa finita.
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