Glaube und Religion in der digitalen Welt
Islamische Führer müssen den Weg zur Aufklärung finden
Disruption – die großen, oft brutalen Veränderungen durch die Digitalisierung treffen alle Lebensbereiche. Ein Effekt zieht sich durch: Die Rolle der Vermittler fällt weg. Niemand braucht mehr ein Geschäft – es lässt sich alles im Internet bestellen. Banken fürchten sogenannte "Fintechs", die online Kredite vergeben. Information ist beliebig verfügbar, was wird aus dem Journalismus? Selbst Lehrer sind ersetz- oder jedenfalls überprüfbar – Geschichte oder die Naturwissenschaften werden in Filmen bestens erklärt. Plötzlich spüren alle den Druck, sich zu legitimieren – oder zu verschwinden. Da hilft nur der Erwerb von Vertrauen – Der neue Wettbewerb wird überall stattfinden. Gute Journalisten prüfen Informationen besonders genau, verantwortungsvolle Banker besprechen vor der Kreditvergabe die Lebensumstände der Familie, Lehrer verstehen besser, wie ein Kind richtig lernt. Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen, und die Prognose ist leicht zu treffen, dass nur Unternehmen und Institutionen überleben werden, die sich als vertrauenswürdig erweisen und in ständigem Kontakt mir ihren Kunden sind.
Auch bei der Suche nach Gott braucht niemand einen Vermittler, lange genug haben Menschen ohne Kirchen oder Priester an höhere Wesen und deren Wirkung geglaubt. Wie ist es dann der katholischen Kirche gelungen, 2000 Jahre zu bestehen? Anfangs durch die Botschaft der Nächstenliebe, dann durch Druck, Angstmache und Bündnisse mit den Mächtigen. Das sogenannte Gottesgnadentum sorgte seit dem Mittelalter für die wechselseitige Legitimation von Königen und Päpsten. Kirche und Monarchen nutzten die mangelnde Bildung der Bevölkerung, Angst vor dem Teufel und Hoffnung aufs Himmelreich missbrauchten beide, bis Luther, Revolutionen und Aufklärung das Macht-Tandem in Frage stellten. Papst Franziskus will mit der strafenden Kirche Schluss machen, wohl ahnend, dass Religionen nur mit Liebe und Vertrauen überleben. Die Rückbesinnung auf die Worte des Neuen Testaments helfen dem Papst.
Die Ur–Fragen der Menschheit bleiben
Denn gerade Ostern, das höchste Christenfest, steht für Leben und Hoffnung, für die Überwindung des Leids, eine frohe Botschaft auch für Nicht-Christen. Die Ur-Fragen der Menschheit bleiben: Wozu wir leben, wie wir unser Leben sinnvoll gestalten, wie wir bessere Menschen werden. Religionen, Organisationen, Gurus und andere bieten sich an, sie alle müssen Vertrauen gewinnen. Nur so, nicht mit Zwang, werden sie überleben. Fanatismus, der nur einen Weg zum Heil kennt, zerstört alles, am Ende auch die eigene Bewegung. Islamische Führer müssen den Weg zur Aufklärung finden. Da hilft die einfache Erkenntnis, dass jede Religion eine Weiterentwicklung, manchmal auch eine Abgrenzung von früheren ist.
Auch ein Opernbesuch stimmt besinnlich. Wagners Parsifal zeigt, dass man über Mitleid verstehen kann, dass der andere auch leidet.Wir brauchen menschliche Botschaften, gerade jetzt, am höchsten Fest der Christen.
Kommentare