Ent-Menschlichung im Auftrag Allahs

Ein Gott will, dass Kinder ermordet werden? Niemals. Warum kann man das trotzdem jungen Leuten einreden?
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Der Schriftsteller John Updike hat bereits im Jahr 2006 in seinem Buch "Terrorist" das Porträt eines jungen Muslimen gezeichnet, der zwischen seinem strengen Glauben und dem jugendlichen Leben in New Jersey hin- und hertaumelt und nur scheinbar Halt bei einem radikalen Imam findet. Er steuert einen Lkw voll mit Sprengstoff in einen Tunnel, um dort eine riesige Ladung Sprengstoff explodieren zu lassen, tut es aber dann doch nicht, als er im Auto vor ihm zwei fröhliche Kinder sieht. Die Terroristen von Manchester haben ausgerechnet ein Konzert gesucht, wo sie viele Kinder und Jugendliche töten konnten. Wer hat ihr Gewissen getötet und ihnen jegliches Gefühl genommen? Wie verläuft ein solcher Prozess der Ent-Menschlichung?

Auffällig ist, dass die Attentäter zumeist in Europa geboren wurden, sich in der westlichen Gesellschaft nicht zurechtfanden und Beute radikaler Prediger wurden. Aber warum sind junge Muslime anfällig für Mord und Terror? Weil die Religion so ausgelegt werden kann und auch wird, dass jegliche Radikalität möglich ist.

Eben ist ein Buch erschienen, wo der Islamkritiker Hamed Abdel-Samad und der islamische Religionspädagoge Mouhanad Khorchide die Frage erörtern: "Ist der Islam noch zu retten?" Eine "Streitschrift in 95 Thesen", aber nicht wie bei Luther, sondern in einem Dialog, bei dem Abdel-Samad eindeutig Nein sagt. Warum? Er hält den Islam für nicht reformierbar, weil absolute Unterwerfung verlangt werde und Gott als Gesetzgeber von allen Regimen missbraucht werden könne. Der Islam werde sich nie der Demokratie unterordnen.

Strenge Überwachung gegen Radikalisierung

Der in Münster lehrende Österreicher Mouhanad Khorchide hingegen glaubt an Erneuerung, weil der Koran nicht wortwörtlich, sondern im Kontext mit der Gegenwart verstanden werden müsse. Und er beschuldigt die Machthaber in den islamischen Staaten, den Koran zu missbrauchen. Bei einer Veranstaltung des Saudi-Zentrums in Wien formulierte er: "Es sollte unsere moralische Verpflichtung sein, Saudi-Arabien aus dem Kreis der zivilisierten Welt zu verbannen, bis die barbarische Praxis gegen Frauen, Kritiker und Andersgläubige beendet wird". Khorchide, der übrigens in Saudi- Arabien die Schule besucht hat, fordert vom Islam Säkularität, um sich vor politischem Missbrauch zu schützen, Abdel-Samad hingegen meint, das sei unmöglich, da sich der Islam in alle Bereiche des Leben einmische.

Für uns in den westlichen Demokratien heißt das, dass sich Politik und Gesellschaft endlich ernsthaft mit diesen Erscheinungen, vor allem aber den Predigern beschäftigen müssen, die junge Muslime unterrichten. Ein Burka-Verbot ist schnell beschlossen, verhindert aber Radikalisierung nicht. Wer die Religion über den Staat stellt, darf hier nicht predigen. Also muss auf Deutsch gelehrt werden, islamische Schulen und Kindergärten müssen überwacht werden. Nicht der Islam ist böse, die Menschen, die ihn missbrauchen, sind es. Aber vor ihnen müssen wir endlich besser beschützt werden.

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