Die Schule sollte auf das Leben vorbereiten

Wer manchen Gewerkschaftern zuhört, fragt sich schon, wo sie leben. Und was sie den Kindern erzählen.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Gut, als Gewerkschafter hat der gute Mann nicht mehr so viel mit jungen Menschen zu tun.

von Dr. Helmut Brandstätter

über Gewerkschaften

Also sprach Paul Kimberger, der oberste Lehrer-Gewerkschafter, kürzlich im KURIER: „Wir haben für unsere Jugend paradiesische Zustände ... nämlich berufliche und private Perspektiven.“

Gut, als Gewerkschafter hat der gute Mann nicht mehr so viel mit jungen Menschen zu tun. Sondern eher mit Beamten, die ja soziale Sicherheit mit steigenden Einkommen verbinden, was manche als Nähe zum Paradies definieren. Aber vielleicht kann die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst eine Exkursion in Schulen, Lehrwerkstätten und Unis organisieren, wo Betroffene von wenigen Hoffnungen und vielen Ängsten reden würden.

Und noch ein Tipp: Die Lektüre der jüngsten Studie der Schweizer Universität IMD, wo die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Staaten beobachtet wird. Da ist Österreich wieder abgerutscht, auf Platz 23. Vergleichbare Länder wie Schweden oder Norwegen sind unter den ersten Zehn. Wenn es um Produktion, Haushaltsdisziplin oder Bildung geht, sind wir nur mehr Mittelmaß. Da müssen wir alle endlich begreifen, dass der Stillstand an den Schulen und die heillos überlaufenen Unis unseren Wirtschaftsstandort und damit den Wohlstand der nächsten Generation gefährden können. Viele junge Leute spüren das eben schon.

Mehr Realismus bitte

Es geht hier nicht um Lehrer-Bashing, ganz im Gegenteil. Die Gewerkschaft soll ruhig dafür kämpfen, dass die Lehrer der Grundschule in Ausbildung und Bezahlung endlich mit den anderen gleichgestellt werden. Die Vertreter der Lehrer müssen endlich begreifen, dass sie für eine besonders wichtige Berufsgruppe sprechen. Die Zukunft unseres Landes ist noch wichtiger als die Interessen von Einzelnen.

Zur Aufgabe der Lehrer gehört es auch, jungen Leuten Realismus zu vermitteln. Und es ist nun einmal eine unbestreitbare Tatsache, dass so ziemlich alle Berufsgruppen mehr arbeiten müssen – oft bei geringeren Einkommen. Da sei ein Einschub in eigener Sache gestattet. So gut wie alle Medienhäuser müssen heute mit weniger Journalisten auskommen, die Arbeit für die Einzelnen wurde also mehr. Der neue Kollektivvertrag aber sieht vor, dass das 15. Gehalt für Journalisten im Laufe der nächsten Jahre durch geringere Lohnerhöhungen beseitigt wird. Angenehm? Nein. Notwendig? Leider ja!

Aber die Lehrergewerkschafter – nicht die Lehrer – symbolisieren hier eine Haltung, die in Österreich leider noch verbreitet ist. Viele schließen aus dem bisschen Wachstum und der geringeren Arbeitslosigkeit, dass wir für die Zukunft gut aufgestellt sind. Das ist ein Irrtum, und die jungen Leute spüren das.

Letztlich wird sich zeigen, ob die Regierung ihren Namen verdient. Auch SPÖ und ÖVP profitieren ja nicht davon, dass unsere Wirtschaftszahlen etwas besser sind. Die Wähler erwarten zurecht Reformen. In der Schule und bei der noch immer überbordenden Bürokratie. Wer da zu spät kommt, den bestraft der Wähler.

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