Die getrübte und die andere Merkel-Realität

Auch in ihrer vierten Amtszeit könnte die deutsche Kanzlerin Garantie für Stabilität sein.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Man könnte auch sagen: Sie hat unter den gegebenen Umständen alles richtig gemacht.

von Andreas Schwarz

über Merkels vierte Amtszeit

Angela Merkel hat am Montag zum vierten Mal ihren Amtseid als Kanzlerin abgelegt. Sie wird, wenn nichts dazwischenkommt, in dreieinhalb Jahren so lange regiert haben wie Rekord-Kanzler Helmut Kohl. Wladimir Putin, der sich in Endlos-Amtszeiten auskennt, hat der deutschen Kanzlerin als einer der ersten gratuliert. Nur die Abgeordneten der eigenen Partei und/oder des Koalitionspartners haben das Bild ein wenig getrübt: Nur 364 stimmten für die Kanzlerin, obwohl Union und SPD über 399 Sitze verfügen. "Dämpfer bei der Kanzlerwahl" titelte Bild, andere folgten.

Angela Merkel wird auch das egal sein. Nicht, weil ihrem Ruf entspricht, dass sie alles an sich abprallen lässt. Sondern weil die mediale Blase, die seit der letzten Wahl nur noch ihr Ende herbeizuschreiben versucht, so wenig mit der Realität zu tun hat wie so mancher Abgeordnete, der die Merkeldämmerung herbeiwünscht.

In Wahrheit hat die Kanzlerin ihr Land gut regiert – Deutschland steht hervorragend da. Sie hat wegen der Flüchtlingsfrage und Verlustängsten in der Bevölkerung (und wegen Fehlern bei diesem Thema) bei den Wahlen deutliche Verluste hinnehmen müssen, so wie ihr Koalitionspartner auch. Sie hat keine Jamaika-Koalition (Union, FDP, Grüne) zustande gebracht, weil die nicht zustandezubringen ist. Und sie hat die SPD wieder in eine Koalition gezwungen – andere Möglichkeit gab es gar nicht. Letztlich hat das mit zum Abgang des Unglücksraben Martin Schulz geführt. Man könnte sagen, Merkel hat der weiteren deutschen Innenpolitik damit auch noch mehr Martin Schulz erspart.

Man könnte auch sagen: Sie hat unter den gegebenen Umständen alles richtig gemacht. Anstatt Schwäche herbeizusehnen, könnte man jetzt auch auf ihre Rolle bei Stabilität in Deutschland und Europa setzen.

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