Bürgerschreck und Bürgerliche
Also geht sie jetzt zur FPÖ, obwohl sie politisch für etwas ganz anderes gestanden ist.
Da haben sich zwei gefunden, der Oktoberrevolutionär und die Bürgerliche im Herbst ihres politischen Lebens. Heinz-Christian Strache will ja eine Arbeiterpartei neuen Typs aufbauen, da bringt ein bürgerliches Gesicht noch ein bisschen Farbe dazu. Und Ursula Stenzel fürchtete einen Pensionsschock mehr als den Verlust ihres guten Rufes. Also geht sie jetzt zur FPÖ, obwohl sie politisch für etwas ganz anderes gestanden ist: Weltoffenheit, Toleranz und europäische Einigung.
Was tut man nicht alles für ein Mandat im Wiener Gemeinderat und die Hoffnung, im ersten Wiener Gemeindebezirk weiter gehört zu werden. Dass die FPÖ in Wien einen „sozialdemokratischen“ Wahlkampf macht, mit der Betonung von Gemeindebauten und staatlichen Betrieben nimmt die deklarierte Liberale Stenzel in Kauf. Sie wird im FPÖ-Klub keine Rolle spielen wollen, Hauptsache im ersten Bezirk wird ihr Respekt entgegen gebracht. Und vermutlich wird Strache seine neue Mitstreiterin nicht auf den Viktor-Adler-Markt mitnehmen. Die Töne, die er dort von sich lässt, könnten der ehemaligen Journalistin in den Ohren – und im Herz – wehtun.
Aber diese Farce hat noch eine Facette: Die Wiener ÖVP ist mit Talenten ungefähr so gesegnet wie die Fidji-Inseln mit Slalomfahrern. Aber der Chef der Wiener ÖVP, Herr Juraczka, glaubte auf Ursula Stenzel verzichten zu können. Sie hat ja für die ÖVP ohnehin nur die Europawahlen und den bereits verloren geglaubten ersten Bezirk gewonnen. Nach dem heutigen Frontwechsel muss die Wiener ÖVP auf ein hohes ein(!)stelliges Ergebnis hoffen.
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