Bananenrepublik? Potemkinsches Dorf!

Noch vorm Hofburg-Urteil steht fest: Österreichs Behörden-Alltag ist ein Fall für einen eisernen Reform-Besen.
Josef Votzi

Josef Votzi

Österreich eine Bananenrepublik? Nein, ein Potemkinsches Dorf!

von Josef Votzi

über die Hofburgwahl-Anfechtung

Die 14 Verfassungsrichter sind es gewohnt, mit kniffligsten juristischen Fragen konfrontiert zuwerden. Am ersten Verhandlungstag zur Anfechtung der Hofburg-Wahl kamen sie aber aus dem Staunen nicht heraus: Der Umgang mit den Buchstaben des Gesetzes ist in manchen Gegenden Österreichs alles andere als knifflig. Gestrenge Paragrafen werden mal banal freihändig, mal bequem leichtgläubig ausgelegt: Warum haben Sie bezeugt, dass bei der Auszählung alles in Ordnung war? – Das haben wir immer so gemacht. Warum waren Sie bei der Auszählung nicht dabei? – Ich hab gar nicht gewusst, dass ich dabei sein muss.

Resümee nach Tag 1 des umfangreichsten Höchstgerichts-Prozesses: Österreich ist keine Bananenrepubik, sondern ein Potemkinsches Dorf. Von allen Parteien werden in Summe bis zu 50.000 Wahlzeugen nominiert, die garantieren sollen, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Praktisch wenig verwunderlich: Viele haben an einem Arbeitstag anderes zu tun als den ganzen Tag dabei zuzusehen, wie Beamte an einem Montag eine Dreiviertelmillion Wahlkarten per Hand öffnen und auszählen. Und schauen mit dem Segen aller erst nach Dienstschluss vorbei, um zu bezeugen, dass niemand geschummelt hat.

Es wäre kein Wunder, würden sich die Höchstrichter fragen, was sie eigentlich mit diesem eigenwilligen Behörden-Alltag zu tun haben. Im Fall des höchsten Amtes im Staat ist das Höchstgericht erste und letzte Instanz. Es wird dieses Sittenbild daher würdigen müssen.

Davor muss der Innenminister dringend eine Frage beantworten: Wie konnte es soweit kommen, dass Österreichs Wahl-Alltag auf dem Papier vorbildlich, in der Praxis eine Lachnummer ist. Nach dem Richter-Spruch ist so vor allem eines gefragt: Ein eiserner Wahlreform-Besen.

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