Bloß kein Neuland

Strafe allein bleibt ohne Wirkung. Den Richtern fehlt oft der Mut zu Alternativen; und wenn sie ihn aufbringen, bremsen andere.
Ricardo Peyerl

Ricardo Peyerl

Würden die Ärzte seit jeher nur darauf vertrauen, was sie irgendwann im Studium oder beim Turnus gelernt haben, wäre jede Blinddarmentzündung heute noch ein Todesurteil. Die Medizin entwickelt sich ständig weiter, lernt dazu, probiert Neues aus.

Und die Richter? Schicken von Generation zu Generation Straftäter ins Gefängnis, auch wenn sie wissen, dass diese bald wieder vor ihnen stehen. Dabei ist das gerade bei radikalisierten Personen brandgefährlich. "Die sind nach der Haft noch wütender", sagt der Islamismus-Forscher Al-Hassan Diaw. Der Experte setzt auf Deradikalisierung und Prävention. Er möchte geläuterte IS-Anhänger als Vorbilder für gefährdete Jugendliche nutzen. Sie sollen authentisch schildern, wie sie verblendet wurden, und wie dann die Realität ausgeschaut hat. Das wäre die Wirkung, die der bloßen Strafe abgeht.

Wenn aber dann einmal ein Richter aus dem starren System ausbricht, die Strafkeule beiseite legt und Neuland betritt, scheitert er an einer anderen Behörde, der Schulbehörde. Auch diese ist sattsam dafür bekannt, gerne an Althergebrachtem festzuhalten. Lebendiger Deradikalisierungs-Unterricht in der Schule, noch dazu vorgetragen von einem verurteilten Rechtsbrecher? Das steht doch nicht im Lehrplan.

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