Terror wird Alltag, Angst bitte nicht

Es gibt gute Gründe, die Bedeutung der Massenmörder – diesmal in Barcelona – zu relativieren.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Ob uns in Österreich die Neutralität schützt, wie manche glauben, ist höchst fraglich.

von Andreas Schwarz

über den terror

Und wieder ist es passiert. Ein Auto rast im wilden Zick-Zack durch eine Menschenmenge. Der Mann am Steuer, ein sogenannter Dschihadist, hat nur ein Ziel: So viele Unschuldige wie möglich zu töten. Diesmal auf den belebten Ramblas in Barcelona.

Es hätte auch in Rom, in München, in Amsterdam sein können. So wie es zuvor in Nizza, in London oder in Berlin passiert ist – und leider wieder passieren wird. Und ob uns in Österreich die Neutralität schützt, wie manche glauben, ist spätestens seit dem gestrigen Messerattentat in Finnland höchst fraglich.

Die selbst ernannten Terroristen im missbrauchten Namen Allahs schlagen zu, wo sie größte Aufmerksamkeit erzielen. Wo viele Menschen schon waren und einen Erinnerungseffekt haben ("Das hätte mir auch passieren können"). Wo vor allem Bilder von Opfern und entsetzten Davongekommenen jenen Schrecken transportieren, der Zweck jeden Terrors ist. An die Zurückhaltung der immer schnelleren und unmittelbareren Medien, die sich nicht zum Helfershelfer der Mörderbanden machen lassen dürfen, ist schon oft appelliert worden.

Und wieder ist die Reaktion die gleiche: Politiker von Putin bis Merkel äußern ihre Abscheu. Sie geloben den Schulterschluss gegen den Terror und dass sich die freie Welt nicht unterkriegen lassen würde. Gleichzeitig lässt sie sich natürlich in ihren Freiheiten einschränken: Sie erhöht ihre Sicherheitsvorkehrungen; und sie baut die Überwachungsmöglichkeiten zur Aufspürung potenzieller Mord-Dschihadisten aus – zu Recht. (Nur ein paar Datenschutznaivlinge laufen gegen Kameraüberwachung und den Zugriff auf Kommunikationsdaten Sturm in Zeiten, in denen jeder sein Privatleben freiwillig ins Netz verkauft, ohne darüber nachzudenken.)

Ausschalten wird nicht gelingen

Alle Schläfer und möglichen Täter auszuschalten, die entweder in Europa radikalisiert wurden oder – leider eine Tatsache – im Zuge der Flüchtlingswellen hierher gekommen sind, wird ohnehin nie gelingen. Die verstärkte Polizeipräsenz, Poller an zentralen Plätzen mögen daher ein subjektives Sicherheitsgefühl geben, das der Bevölkerung zusteht. Sie werden aber objektiv den Aktionsradius der Irren im Auftrag des "Islamischen Staates" kaum einschränken: Man mag an die Ausweichmöglichkeiten für findige Täter, die statt mit dem Auto ... – nein, eben: man mag nicht daran denken.

Vielleicht hilft es, an etwas anderes zu denken: In Europa sind seit dem Jahr 2004 bei dschihadistischen Terroranschlägen rund 600 Menschen gestorben. Das ist immer noch weniger als in den wilden Terrorjahren der 70er- und 80ern quer durch Europa. Und auf den Straßen sterben bei Unfällen in Europa jedes Jahr mehr als 25.000 Menschen. Stimmt schon: Schwer zu vergleichen, anderer Terror, andere Todesursache. Aber vielleicht ein Vergleich, der die Angst – die gemeinste Waffe des Terrors – nimmt und die Bedeutung der Mörderbanden relativiert. Bei aller Betroffenheit über Barcelona.

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