Putins leichtes Spiel im Vakuum

Sanktionen, die mit Zittern vor Gegenmaßnahmen begleitet werden, sind nicht viel wert.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Putins leichtes Spiel im Vakuum

von Andreas Schwarz

über Großmächte

Noch selten hat es so viele bewaffnete Konflikte gleichzeitig gegeben wie jetzt: Ukraine, Gazastreifen, Syrien, Irak, Libyen, Südsudan – die renommierte Zeit zählte jüngst 41. Der Blick auf die Welt rundum macht Angst. Auch angesichts der in diesem Jubiläumsjahr aufgefrischten Erinnerungen: "Wir befinden uns – wie die Zeitgenossen von 1914 – in einer zunehmend gefährlichen, multipolaren Welt, gekennzeichnet durch regionale Krisen, in denen zum Teil Großmachtinteressen verstrickt sind", hat der brillante Historiker Christopher Clark bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele gesagt.

Gleichzeitig hat er die EU als die weltweit beste Erfindung bezeichnet, die er kenne. Durch sie sei ein Krieg zwischen den Staaten Europas nachgerade unvorstellbar geworden.

Da hat er recht. Nur was seine Außenpolitik, was seine Rolle zur Verhinderung von Konflikten anderswo betrifft, hat Europa seine Rolle noch nicht gefunden.

Gerade eben erst hat die EU verschärfte Sanktionen gegen Wladimir Putins Russland beschlossen – wie lange ist der mutmaßliche Massenmord an 298 Passagieren der MH 17 eigentlich her? – , und die hinken wieder einmal jenen der USA hintennach. Weil Rücksicht genommen werden muss auf vereinbarte französische Rüstungsexporte an Russland da, auf Finanzplatzinteressen dort, auf Angst vor Retorsion – so lange Europa so agiert, hat es in der Welt kein Gewicht.

Aber auch das Gewicht der USA in der Welt schrumpft, trotz des strammeren Sanktionenkurses gegen Russland. "Große Linien, eine schlüssige Außenpolitik sind nicht feststellbar", sagt der Amerika-Kenner Karl Theodor zu Guttenberg im KURIER-Interview über die mehr als lahme Politik des irrtümlichen Friedensnobelpreisträgers Barack Obama, die eine des Sich-Zurückziehens ist.

In die Schranken weisen

In diesem doppelten Vakuum hat einer wie Wladimir Putin vergnügt leichtes Spiel. Selbst wenn er pro forma von den marodierenden Rebellen-Banden in der Ostukraine abrücken sollte: An seinem Kurs der Destabilisierung der an Russland grenzenden Regionen, am Kurs zur Wiedererlangung imperialer russischer Größe wird er festhalten – wer sollte sich ihm entgegenstellen?

Umso wichtiger sind, bei allen Versuchen des Gesprächs, glaubwürdige und scharfe Sanktionen. Ohne mitgeliefertes Zittern davor, wie sehr sie der eigenen Wirtschaft schaden könnten. Ja, das kann und wird vermutlich passieren. Aber dann braucht es umso mehr zweierlei: a) Aufklärung auch der Bevölkerung (wer tut das eigentlich, wäre das nicht Kanzlersache?); b) alle Kraft, die Auswirkungen etwa im Energiebereich durch Alternativen zu minimieren.

Nein, wir schreiben nicht 1914. Aber eine Großmacht, die 2014 noch nicht verstanden hat, dass die geopolitische Denke vergangener Jahrhunderte keinen Platz mehr hat, ist in die Schranken zu weisen. Ebenso entschieden wie unmilitärisch. Alles andere hieße, die Lehren nicht verstanden zu haben.

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