Heinz Fischer als Eisbrecher im Iran
Der letzte westliche Staatspräsident, der Teheran seine Aufwartung machte, hieß Thomas Klestil. Der erste EU-Staatspräsident, der den 2004 ausgerufenen Bann bricht, mit dem iranischen Regime nicht mehr auf höchster Ebene zu verkehren, ist einmal mehr ein Österreicher: Bundespräsident Heinz Fischer landet am Montag mit einer AUA-Sondermaschine (Flugnummer OS 1000) in Teheran.
Mit an Bord eine große Polit- und Wirtschaftsdelegation: 220 Manager von 140 Firmen reisen im Schlepptau Fischers an, darunter OMV-Boss Rainer Seele.
Mit dem Mitte Juli in Wien abgeschlossenen Deal zur Kontrolle des iranischen Atomprogramms brechen neue Zeiten an. Wenn im kommenden Jahr die letzten Sanktionen fallen, wollen alle vorne mit dabei sein, um mit dem 80-Millionen-Einwohner-Land wieder ins Geschäft zu kommen: Irans Präsident Hassan Rohani hat bereits Einladungen zu Besuchen in Frankreich, Spanien, Italien und der Schweiz.
Die Rolle des Eisbrechers verlangt Heinz Fischer alle diplomatischen Künste ab. In Israel und Teilen der USA gibt es heftige Kritik an der Neuaufnahme der Beziehungen zum Iran. Fischer & Co würden „Mördern die Hände reichen“.
Nach dem von vielen als historisch bezeichneten Atomdeal mit dem Iran, der im Juli in Wien erzielt worden war, hat der Wettlauf um die Geschäfte mit dem Mullah-Staat begonnen. Am Montag trifft eine rot-weiß-rote Delegation mit zahlreichen Unternehmern in Teheran ein. Jüdische Vertreter kritisieren den Besuch, Außenminister Sebastian Kurz verteidigt ihn.
KURIER: Herr Außenminister, die EU will derzeit die Ursachen der Flüchtlingsströme bekämpfen. Trägt das Iran-Abkommen dazu bei, die Lage in der Region zu stabilisieren?
Sebastian Kurz: Das Abkommen kann eine positive Auswirkung haben, weil der Iran ein Partner im Kampf gegen den Terrorismus und für mehr Stabilität in der Region sein kann. Mittel- bis langfristig kann der Vorteil aber ein noch viel größer sein.
Inwiefern ein Vorteil?
Wir haben vielerorts erlebt, dass Isolation zur Radikalisierung führt. Und insofern bin ich froh, dass wir den Iran durch dieses Abkommen aus der Isolation bringen, denn dann wird es hoffentlich weniger Boden für radikales Gedankengut geben.
Israel warnt vor dem Abkommen, weil es vom Iran mit der Vernichtung bedroht wird. Juden haben Angst. Was machen Sie dagegen?
Diese Angst und die Sorgen verstehe ich. Daher habe ich den Kontakt mit jüdischen Vertretern in Europa gesucht ebenso wie mit dem israelischen Regierungschef Benjamin Netanyahu. Wir haben aufgrund unserer historischen Vergangenheit die ganz besondere Verpflichtung, das Sicherheitsbedürfnis Israels ernst zu nehmen.
Was bedeutet das konkret?
Ich habe mit Premier Netanyahu vereinbart, dass ich innerhalb der nächsten Zeit auch nach Israel reisen werde. Aus österreichischer Perspektive ist ein enger Kontakt zu Israel ganz entscheidend und ein Signal an die Länder in der Region, dass Israel für uns ein Partner ist und wir seine Sicherheitsbedenken definitiv ernst nehmen und mittragen. Gleichzeitig muss ich aber sagen, dass das Abkommen nicht auf Vertrauen basiert, sondern auf der Idee der Kontrolle.
Wie stark ist diese Kontrolle des Atomdeals?
Das Abkommen bringt uns Kontrollrechte, was den Nuklearbereich betrifft, die wir ohne Abkommen nicht hätten. Insofern sehe ich das Abkommen sehr positiv.
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