Ein bisschen Krieg

Der Syrien-Einsatz Deutschlands ist europapolitisch notwendig – strategisch ist er aber ein Schnellschuss, der den Blick von Wichtigem ablenkt.
Evelyn Peternel

Evelyn Peternel

Schnellschüsse wie die Syrien-Mission verdecken, dass diejenigen, die Anschläge meist verüben, Kinder Europas sind.

von Mag. Evelyn Peternel

über Deutschlands Syrien-Mission

Der Krieg und Deutschland? Das ist kein Paar, das man mag. Berlin ist nicht Paris, wo der martialische Ton aus dem Elysée im jetzigen Zustand der Verunsicherung gewünscht ist; Berlin ist auch nicht Washington, wo der War on Terror seit Jahren zum Sprachrepertoire gehört. In Berlin hat man - gelinde gesagt - nicht so viel Freude mit dem Wort.

Deshalb vermeidet die Regierung auch geflissentlich, das Ganze so zu nennen – denn die Erfahrungen sind keine guten: Das Kontingent in Afghanistan musste die Bundeswehr jetzt wieder aufstocken; lange, nachdem das Land als befriedet galt und man die Mission eigentlich beendet hatte. Die Angst, dass sich in Syrien Ähnliches wiederholt, ist deshalb groß. Und berechtigt: Denn eine Strategie, wie sich Deutschland in den nächsten Jahren engagieren wird, gibt es nicht.

Der erste Krieg, den Angela Merkel nicht erbt, sondern selbst beginnt, steht nun von Beginn an im Zeichen der Planlosigkeit. Anfangs nicht gewollt, dann zögerlich zugesagt, begibt Merkel sich in eine Allianz, deren Kopf nicht ausgemacht und deren politische Agenda inhomogen ist. Kein deutscher Koalitionspolitiker hat die Frage, welche Entscheidungsprozesse den Einsätzen vorangehen, hinreichend beantworten können; auch wer mit wem wie kooperiert, ist völlig offen. Dass Berlin dem Nato-Partner Türkei nur zensiertes Datenmaterial über Einsätze zukommen lässt, ist dafür bestes Beispiel.

Berlin kann, ja darf sich nicht heraushalten

Das ist schade - denn Deutschlands Rolle in diesem weltweit geführten Konflikt ist eine nicht zu unterschätzende. Die Mission ist vor allem ein wichtiges und nötiges europapolitisches Signal, das auch anders, zumindest besser vorbereitet hätte gesendet werden können. Berlin kann, ja darf sich nicht heraushalten: Deutschland, der ehemals zögerliche Hegemon Europas, dessen Zaudern schon lange einem Führungsanspruch gewichen ist, ist politischer Dreh- und Angelpunkt im europäischen Verbund. Bei allen Herausforderungen der letzten Jahre war die Meinung Angela Merkels entscheidend. Die Terrorgefahr, die wohl größte Krise dieser Zeit, darf keine Ausnahme sein – das hätte auch europapolitisch fatale Konsequenzen: Würde sich Merkel jetzt wegducken, wäre ihre Politik der Lächerlichkeit preisgegeben – und die deutsch-französische Achse schwer beschädigt.

So feuert man in Berlin aber nun einen Schnellschuss ab, der der französischen Regierung und der deutschen Bevölkerung nur als Beruhigungspille dient. Gelingt es der Allianz, dauerhaft Erfolg zu haben, wird dieser Fehler wohl von der Geschichte verziehen werden; gerät der Krieg in Syrien aber zu einem quälenden Langzeitprojekt, so sind die Folgen unabsehbar – auch innenpolitisch. Die deutsche Regierung sollte die Zeit bis dahin besser nutzen, um sich den Problemen zu widmen, die sie vor ihrer Tür lösen kann: Schnellschüsse wie die Syrien-Mission verdecken nämlich, dass diejenigen, die Anschläge verüben, meist nicht aus Syrien, dem Irak oder dem Jemen stammen, sondern Kinder Europas sind. Und das ist nicht schade, sondern brandgefährlich.

Kommentare