Datenschutz hilft nicht gegen Terror

Die Kritik an den Geheimdiensten ist billig. Sie tun, was sie können – und was der Staat sie tun lässt.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Mit einer Datenschutz-Romantik à la Ed Snowden ist ein Krieg gegen den Terror nicht zu gewinnen.

von Andreas Schwarz

über Paris und Geheimdienste, die nicht dürfen, wie sie könnten

Im Nachhinein ist immer leicht Besserwissen: War die Absage des Fußball-Länderspiels in Hannover nicht doch übereilt, wird in Medien diskutiert? Schließlich ist ja kein Sprengstoff gefunden worden, oder?

Warum wurde einer der Paris-Terrorverdächtigen Monate vorher bei einer Verkehrskontrolle in Österreich nicht hopsgenommen? Wo er doch im Schengen-Sicherheitscomputer als böser Bube, wenn auch nicht als Terrorist, aufschien?

Wieso hat ein Geheimdienst zum wiederholten Mal Terroristen, die zuschlagen, schon vorher im Visier gehabt – ohne sie zu stoppen? Wieso wurde eine Bedrohung konstatiert, in zwei Wochen und nicht jetzt?

Faktum ist: Der Krieg, den die Barbaren des "Islamischen Staates" gegen die westliche Zivilisation führen, ist nicht mit dem Militär zu gewinnen. Auch wenn die Eindämmung des IS in Syrien und im Irak nötig ist. Er ist nur mit Geheimdiensten zu gewinnen, die die Tausenden sogenannten "Gefährder" in Europa und weltweit aufspüren, observieren, gegebenenfalls ausschalten, sprich: der Justiz zuführen. Und die Geheimdienste in Europa haben in den vergangenen Jahren Enormes geleistet, unzählige Anschläge von Spanien bis Großbritannien vereitelt. Vieles davon wissen wir gar nicht.

Faktum ist auch, dass die Zusammenarbeit der Geheimdienste effizienter sein könnte. Es gibt keine europäische Datenbank, in der Erkenntnisse (etwa über potenzielle Terroristen) gesammelt würden. Es gibt oft nur einen zögerlichen Informationsaustausch der Geheimdienste über die Grenzen hinweg. Und selbst innerhalb eines Landes wie Frankreich konkurrieren verschiedene Geheimdienste miteinander – wir kennen das aus Österreich, wo etwa im Bereich Cyber-Abwehr Einheiten des Innenministeriums, des Bundesheeres und des Bundeskanzleramtes munter nebeneinander herwerken.

Eingeschränkte Überwachung

Faktum ist aber vor allem: Ein Geheimdienst kann nur so gut sein, wie die gesetzlichen Überwachungsmöglichkeiten sind, die ihm zugebilligt werden (es sei denn, er stellt sich über das Gesetz, was auch vorkommt). Und da sieht es oft gar nicht gut aus. Daten in Polizeicomputern, die nach einem halben Jahr gelöscht werden müssen, Vorratsdatenspeicherungen, die auf höchstgerichtliche Weisung aus Datenschutzgründen nicht mehr stattfinden dürfen – die Aufklärung tappt aufgrund ihr entzogener oder vorenthaltener Daten viel im Dunkeln.

Vielleicht sollte die Lehre aus Paris und der aktuellen Bedrohungslage in Europa die sein, dass es eine dramatisch intensivierte Überwachungs- und Vernetzungsmöglichkeit der Geheimdienste geben muss. Auf gesetzlicher Basis, und ohne Wehklagen, dass damit die Werte der Demokratie geopfert würden. Weil mit einer Datenschutz-Romantik à la Ed Snowden, einer künstlichen Aufgeregtheit über Abgreif-Möglichkeiten der Geheimdienste ist ein Krieg gegen den Terror definitiv nicht zu gewinnen.

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