Zündstoff: Seisenbachers 7 Hoffnungen

Zündstoff: Falsches Täter-Profil
Der österreichische Olympiasieger von 1984 und 1988 ist Head-Coach des georgischen Judo-Teams.
Jürgen Preusser

Jürgen Preusser

Mit Winter-Olympiasiegern kann Österreich protzen. Leonhard Stock (1980) und Stephan Eberharter (2002) radelten als Aufputz von Innsbruck nach London. Ein doppelt vergoldeter Sommersportler ist schon seit Mittwoch da. Doch der trägt das Trikot eines anderen Teams. Auch das ist rot und weiß: Peter Seisenbacher ist seit 18 Monaten Headcoach des Judo-Teams Georgiens.

Die Sportart des Olympiasiegers von 1984 und 1988 hat in dem Kaukasus-Staat des umstrittenen Präsidenten Saakaschwili (4,5 Mio. Einwohner) einen höheren Stellenwert als in Österreich. "Die klare Nummer 1", sagt Seisenbacher. In allen sieben Gewichtsklassen stellt er Athleten. Unter seiner Führung gewann das Team bei der EM in Tscheljabinsk Gold und stellte auch den Champion im Mittel­gewicht. Insgesamt war Seisenbacher bereits für zwei Gold-, drei Silber- und vier Bronzemedaillen bei Europameisterschaften und für eine WM-Bronzemedaille verantwortlich. "Auch bei Olympia sind wir gut aufgestellt", sagt der 52-Jährige, der in Georgien lebt. Der politische Druck sei groß, weil Georgien zuletzt immer wieder Olympiasieger im Judo hervorgebracht habe.

Zündstoff: Seisenbachers 7 Hoffnungen

Die beiden ältesten Athleten seines Teams sind in jenem Jahr geboren, in dem Seisenbacher zum zweiten Mal Olympiasieger wurde.

Betkili Schukwani, genau einen Monat vor Seisenbachers Triumph geboren, kämpft schon heute, Samstag, in der Klasse bis 60 Kilo, in der er erst im Finale auf Ludwig Paischer, Österreichs Silber-Gewinner von Peking, treffen könnte. Der zweite georgische Gold-Tipp ist Varlam Liparteliani in der Klasse bis 90 Kilo.

Dem österreichischen Sport ist der Wiener Bulle längst abhanden gekommen. Vor seinem Kaukasus-Engagement hatte er noch beim jüdischen Wiener Verein Hakoah ein sehr erfolgversprechendes Jugend-Modell auf die Beine gestellt.

Vor 24 Jahren bewahrte Peter der Große Österreich in Seoul vor einer olympischen Nullnummer. Seisenbacher beendete nach 1988 seine aktive Karriere und wurde Chef der Österreichischen Sporthilfe. Damals wollte er das leidige Gießkannenprinzip bei der Sportförderung und die lähmende Dreifaltigkeit der österreichischen Dachverbände zerschlagen. Er scheiterte mit fliegenden Fahnen – durch Ippon, wie man beim Judo sagen würde. So geht es eben den Propheten im eigenen Land ...

Zwanzig Jahre nach Seisenbachers Scheitern hat Sportminister Norbert Darabos wieder die Dreifaltigkeit im Visier – ohne Aussicht auf Erfolg. Ironie am Rande: Das Trinity House beim Tower of London dient als Österreich-Haus bei Olympia 2012. Zu Deutsch: „Dreifaltigkeitshaus“.

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