Vorsicht, Nachbeben!

Zündstoff: Falsches Täter-Profil
Der Fall des Südtiroler Dopingsünders Alex Schwarzer schlägt ungeahnte Wellen. Womöglich auch in Österreich.
Jürgen Preusser

Jürgen Preusser

Während Italien mit 21 Medaillen unter den Top-Ten-Nationen ist, wartet auch Südtirol noch auf Edelmetall. Ein Südtiroler produziert hingegen täglich Schlagzeilen: Alex Schwarzer, 2008 in Peking Olympiasieger im 50-Kilometer-Gehen, wurde kurz vor den Spielen wegen einer positiven Doping-Probe suspendiert. Er gab schließlich die Einnahme von EPO (Erythropoetin) zu. Er sei vom Ehrgeiz, ein zweites Mal Gold zu holen, übermannt worden, gestand der einst lautstarke Verfechter eines sauberen Sports. Sein Fall schlägt ungeahnte Wellen: Er habe sich das Mittel selbst gekauft; und zwar in Antalya in der Türkei in einer Apotheke, weil EPO dort ganz leicht zu bekommen sei. Die Folge: Türkische Zeitungen recherchierten und stellten klar, dass Schwarzers Angaben nicht den Tatsachen entsprechen können. Für seine Anschuldigungen bekam der Sterzinger aber nicht nur böse Schlagzeilen in der Türkei, sondern auch in Italien. Die Gazzetta dello Sport und andere Medien spekulierten nach dem Antalya-Märchen, dass Schwarzer vom umstrittenen italienischen Arzt Michele Ferrari versorgt worden sei. 2002 wurde allen italienischen Radprofis verboten, mit Ferrari Kontakt aufzunehmen. 2004 wurde Ferrari wegen Sportbetrugs zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. 2006 wurde er vom Radverband mit einem lebenslangen Betätigungsverbot belegt.Jetzt droht er mit einer Klage, wenn er weiter mit Schwarzer in Verbindung gebracht werden sollte. Er habe zwar Kontakt gehabt, weil Schwarzer von ihm ein neues Trainingskonzept gewollt habe, doch das Gespräch sei 16 Monate her. Staatsanwalt Guido Rispoli ermittelt gegen Schwarzer wegen Sportbetrugs. Die Staatsanwaltschaft Bozen geht davon aus, dass Schwazer verbotene Substanzen in Italien und im Ausland besorgt und eingenommen habe.

Österreich wurde im Anschluss an eine tränenreiche Pressekonferenz vor 200 Journalisten in Bozen ebenfalls als mögliches Vertreiberland genannt. Im Visier der Ermittler seien auch Mittelspersonen aus einem benachbarten Land, die Schwarzer unterstützt haben könnten, hieß es. Der italienische Sportminister Piero Gnudi fordert harte Konsequenzen. "Wer dopt, muss aus dem Sportsystem ausgeschlossen werden", sagte er. In Italien sei der Kampf gegen Doping besonders weit fortgeschritten. Schwarzer, 28, beendete postwendend seine Karriere. Sein Fall ruht allerdings nicht, weil die Suche nach Verbindungsmännern jetzt erst richtig losgeht. Womöglich auch in Österreich.

juergen.preusser@kurier.at

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