Sport in Österreich: Ewig heißer Erdapfel

Zündstoff: Falsches Täter-Profil
Zündstoff: Allerorts finden Diskussionen über die Zukunft des Sports statt – leider in einem System ohne Zukunft.
Jürgen Preusser

Jürgen Preusser

And the winner is: Claudia Schmied! Da saßen sie also im ORF Sport am Sonntag. Sportminister Norbert Darabos, der Chef der Bundessportorganisation, Peter Wittmann, ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel, zwei der erfolgreichsten Olympiasportler von London, Beate Schrott und Dinko Jukic, sowie Volleyball-Präsident Peter Kleinmann. Letzterer lief in dieser Diskussion über die Zukunft des Sports noch am ehesten zu einer Medaillenform auf.

Drei Peter waren anwesend, doch den Schwarzen Peter für die triste Situation konnte keiner übernehmen. Die Siegerin im lustigen Hin- und Herschupfen des heißen Erdapfels namens Sport stand sowieso schon vorher fest: Die Unterrichtsministerin Claudia Schmied war damit konfrontiert worden, dass Österreichs Schulkinder im Schnitt eine Stunde Sport pro Woche haben und damit im internationalen Vergleich Schlusslicht sind. Einen Zusammenhang mit der Olympia-Ausbeute – null Medaillen – wies sie "dezidiert zurück". Es bestehe kein Zusammenhang zwischen Schule und Medaillen. Stimmt. In Österreich nicht. Sonst überall sehr wohl.

Was gibt es da zurückzuweisen? Die tägliche Turnstunde ist notwendig. Nicht wegen zu erwartender Medaillen, sondern weil es gesundheitspolitischer Selbstmord ist, Verfettung und Bewegungsunfähigkeit unserer Kinder mitanzusehen.

Gelänge es, den Schulsport neu aufzubauen, in Scouting und Trainerausbildung zu investieren, kämen Medaillen ganz von allein. Um die Absurdität der wehrhaften Aussagen von Claudia Schmied noch zu unterstreichen, wollte sich der Gesundheitsminister Alois Stöger in die Diskussion um die tägliche Turnstunde "nicht einmischen".

Nicht einmischen? Das ist etwa so, als würde sich ein Kapitän nicht in die Führung seines Schiffes einmischen. Dass Sport perfekte Gesundheitsvorsorge sein kann und damit für jeden investierten Euro zwei zurückkämen (© Kleinmann), hat sich nicht bis zum Gesundheitsminister durchgesprochen. Conclusio: Das System ist schuld. Stimmt. Aber die Damen und Herren Minister sind das System.

Historie

Da war einst Reinhold Mitterlehner, damals noch nicht Minister, der sinngemäß sagte: "Der Sport kostet mehr Geld als er bringt" – er meinte die teuren Sportverletzungen.

Da war der Chef-Grüne Alexander van der Bellen, der in Koalitionsverhandlungen mit dem Satz "Wir lassen uns nicht mit dem Sport abspeisen" einstieg.

Da war Frank Stronach, der bewiesen hat, dass selbst hohe Investitionen nichts bringen, wenn Dilettanten am Werk bleiben.

Da war Michael Ausserwinkler, der bei seiner Einstandspressekonferenz erfuhr, dass er nicht nur Gesundheits-, sondern auch Sportminister ist.

Und jetzt das Mixed-Doppel Schmied/Stöger.

Österreich hat keine Sportkultur. Wenn es um Sport geht, gehören Sportler an die Macht. Und zwar radikal. Alle anderen haben bewiesen, dass ihnen Wissen und Interesse fehlen.

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