Nichtraucher-Besuch

wunder WELT: Kreislauf
wunder WELT: Joachim Lottmann über den Besuch seines Bruders.
Joachim Lottmann

Joachim Lottmann

Mit meinem Bruder war es sehr fein jetzt, bei seinem ersten Wien-Besuch. Per Mail bedankte er sich artig, fand sogar bewegende Worte für die Stadt und seine Speisen und Bauwerke. Besonders hatte ihm das Parlament gefallen. Seine mitreisende Frau war leider weniger angetan. Sie ist bekennende Nichtraucherin. Ihr lebenslanger Kampf gilt der Gefahrenabwehr beim Passivrauchen. Das wurde uns zum Glück schon vorab mitgeteilt. Tagelang hatten wir die Wohnung gelüftet, alle Wäschestücke gewissenhaft gewaschen. Ich rauche zwar nicht, aber meine liebe Maria schon. Ich mag das nämlich. Ich finde, Schauspielerinnen und überhaupt alle schönen Frauen sollten rauchen, auch junge Leute, Intellektuelle, und nette Menschen aller Herren Länder sowieso. Und trinken auch. Rauchen, Trinken, ins Bett gehen, das war doch zu allen Zeiten der Dreiklang des Glücks. Nun tickte meine Schwägerin anders und hatte alles Recht der Welt dazu! Sie durfte das, sie ganz besonders, denn sie war von Beruf Krankenschwester. Und sie liebte ihren Beruf. Und sie sollte sich wohlfühlen bei uns.

Blöderweise hatten wir zwar die Bettwäsche, aber nicht die darunter befindlichen Kissen gewaschen. Das entging der strengen Nase der Schwägerin nicht. Am nächsten Morgen stellte sie uns zur Rede. Das habe ja richtig gestunken bei uns, nach Zigaretten, Rauch, Nikotin. Das habe ihr gar nicht gefallen. Das sei richtig unangenehm gewesen, in so einer Raucherwohnung die ganze Nacht zubringen zu müssen. Echt eklig, so eine verpestete Bettstatt. Ich rannte rasch nach unten, um neue Kissen zu kaufen. Es war mir furchtbar peinlich. Als ich zurückkam, fand ich leider nur noch die Maria vor. Sie meinte mit bedrohlich tiefer Stimme, sie habe dem Besuch das Hotel Fürstenhof am Westbahnhof empfohlen. Da gebe es herrliche Nichtraucherzimmer.

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