Herrlich entspannt

wunder WELT: Kreislauf
wunder WELT: Joachim Lottmann über ein Grillfest mit "Bobos", eine radikale Nichtraucher-Aktivistin und ein Packerl Tschick.
Joachim Lottmann

Joachim Lottmann

Die Maria tat einen tiefen Zug und sagte spöttisch, die Serie "Girls" gefalle ihr durchaus. Normalerweise hätten wir uns jetzt gestritten, da ich diese neue amerikanische Serie, übrigens eine Art Fortsetzung von "Sex and the City", hasse. Ich schleuderte ein paar ungute und frauenfeindliche Sätze aus meiner ressentimentgesättigten deutschen Männerseele. In "Girls" quelle das Elend 30-jähriger Singlefrauen, die ohne Job und Perspektive zwischen sexueller Ausbeutung und ewiger Szene-Party verblödeten, aus dem Fernseher, oder so ähnlich. Maria sah auf ihre schlanke Frauenzigarette der Marke "Smart", betrachtete sie zwei verliebte Sekunden lang, und tat einen weiteren tiefen Zug. Anstatt wie sonst aufzuspringen und zum hundertsten Male über weibliche Unterdrückung und die Schweinereien einer männerdominierten Gesellschaft zu dozieren, atmete sie nur ruhig aus. Und wechselte lächelnd das Thema, jedenfalls ein bisschen, indem sie sagte: "Na ja, eigentlich hat mir ,Mad Men’ sowieso besser gefallen." Ich erschrak fast. Nie hatten wir uns so hasserfüllt gestritten wie in der Zeit, als wir täglich zwei bis drei Folgen von ,Mad Men’ sahen. Es war zugleich die Zeit, als Maria nicht geraucht hatte. Da ist uns fast die ganze schöne Ehe zu Bruch gegangen. Meine Frau bestand immer darauf, ich sei Donald Draper, also die Hauptfigur der Serie, der promiske Chef einer Werbeagentur in den Kennedy-Jahren . Ich hatte stets dagegen gehalten: nein, ich sei NICHT Don Draper und so weiter. Und nun – ein versöhnliches Wort zu alledem! Schnell schaltete ich um: "Ja, Schatz, ,Mad Men’ war wirklich besser als ,Girls’." Sie zog wieder intensiv an ihrer "Smart" und nickte gut gelaunt. Ich erläuterte gleich weiter: ,Girls’ erinnere einen an das kaputte, heutige Berlin Mitte, ,Mad Men’ dagegen – an New York! Wieder stimmte sie mir zu: "New York! In den 60ern! Herrlich …" Sie nahm einen tiefen Zug, lächelte mich an. Herrlich.

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