Skandal um Postenschacher im Wiener AMS

Skandal um Postenschacher im Wiener AMS
Sozialminister bestellt Drittgereihte. Die bestqualifizierte Kandidatin, Inge Friehs, will Hundstorfer klagen. Die Wirtschaftsvertreter schäumen.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl muss sehr wütend sein. Einen Minister auszuladen, hat Seltenheitswert. Sozialminister Rudolf Hundstorfer hätte am Donnerstag den Festvortrag vor dem Wirtschaftsparlament, der wichtigsten Kammer-Veranstaltung, halten sollen. Gastgeber Leitl richtete ihm kurz zuvor aus, er "halte seine Anwesenheit als Festredner für nicht angemessen".

Grund für Leitls Empörung ist die Bestellung der neuen Chefin des Arbeitsmarktservice Wien, das mit 350 Millionen Euro über ein Drittel des gesamten AMS-Budgets verfügt. Nachdem sich der mit Sozialpartnern sowie Sozial- und Finanzministerium besetzte Verwaltungsrat in mehreren hitzigen Sitzungen nicht auf eine Kandidatin einigen konnte, hievte Hundstorfer seine Abteilungsleiterin Petra Draxl , 50, auf den Chefsessel.

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Die entspricht zwar politisch – Draxl ist unter den drei Kandidaten allerdings die Letztgereihte. Die langjährige Vize-Chefin des AMS Wien, Inge Friehs , hatte bereits im Jänner vor dem Bewertungsausschuss des Landesdirektoriums am besten abgesc hnitten, scheiterte im Verwaltungsrat aber an der Blockade der Arbeitnehmer-Vertreter.

Im April beschloss der Verwaltungsrat, quasi der Aufsichtsrat des AMS, alle Kandidaten von einem unabhängigen Berater, VIP-Consulting, in einem Assessment-Center prüfen zu lassen. Pech für die Friehs-Gegner, dass sie auch hier wieder als Bestqualifizierte abschnitt. Da eine schriftliche Reihung in der Bewertung nicht vorgesehen war, teilte der Berater diese dem Verwaltungsrat mündlich mit. Nach Friehs kam der Kandidat der Wiener Arbeiterkammer, Gernot Mitter, Letztgereihte wurde Draxl.

Bestellungskrieg

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Hinter dem monatelangen Bestellungskrieg, in dem sich Friehs ständige Denunzierungen bis hin zu Anzeigen gefallen lassen musste, stehen politische Machtspiele um mehr Einfluss auf die Förderkasse des AMS. Die Wiener SPÖ will offenbar eine willfährige AMS-Spitze, um die Parallelstruktur mit dem Wiener ArbeitnehmeInnen Förderungsfonds WAFF aufrecht zu erhalten. Dabei wäre Friehs, die als selbstständig gilt und aus der Metallergewerkschaft kommt, natürlich hinderlich.

Friehs zeigt Courage. "Offenbar kommt es nicht auf die Qualifikation an. Diese Entscheidung ist nicht nach sachlichen Kriterien, sondern nach politischem Gutdünken erfolgt", erklärte sie dem KURIER. Sobald die Sache offiziell ist, will die Juristin "alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen und klagen". Eine Klage nach dem Stellenausschreibungsgesetz, das zur Auswahl der bestqualifizierten Kandidaten verpflichtet, hätte wohl gute Chancen.

"Qualifikation vor Parteibuch"

"Da wurde die bestqualifizierte Frau unglaublich gemobbt, weil sie nicht in die Machtspiele der Wiener SP passt", ärgert sich Leitl. Die beste Qualifikation "muss Vorrang haben vor Parteibuchwirtschaft". Seit 2000 sei es üblich, dass für Führungspositionen im AMS ein wie in der Privatwirtschaft übliches Hearing stattfinde, dessen Erstgereihte nominiert würden. Die Wiener Kammerchefin Brigitte Jank regt sich ebenso auf wie die Industrie.

Hundstorfer ist gelassen. Der Personalberater habe keine schriftliche Reihung vorgenommen und in einem Ministeriums-internen Gutachten wurden Draxl und Friehs gleich bewertet. Dass gegen Draxl wegen einer Auftragsvergabe an ihren Ex-Geschäftspartner ermittelt wird, spielt für Hundstorfer erst dann eine Rolle, wenn es zur Anklage kommen sollte. AMS-Vize Winfried Göschl jedenfalls glaubt, dass "unter diesen Rahmenbedingungen und der geringen Erfahrung" die Zusammenarbeit mit seiner neuen Chefin "sicher schwierig wird".

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