Showdown in der Wiener Stadthalle

Wirtschaft von innen: OeBS Provisionsskandal: Die Frage der Revision
Bei der Haupt­versammlung werden sich die Emotionen aufschaukeln. Empörte Aktionäre wollen mit der Skandal-Vergangenheit abrechnen.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Stahlhelm auf und durch heißt es am Mittwoch für Markus Beyrer, den Chef der Staatsholding ÖIAG. In der Wiener Stadthalle, wo sonst bei Großkonzerten die Gefühle von Musikfans hochgehen, werden sich ab zehn Uhr in Halle F die Aktionäre der Telekom Austria in Rage reden. Beyrer leitet als Aufsichtsratsvorsitzender die Hauptversammlung. Er wird verdammt gute Nerven und viel Ausdauer brauchen. Zahlreiche Anleger wollen mit der düsteren Vergangenheit des börsenotierten Konzerns abrechnen.

Zwar hat der weltweit mächtigste Aktionärsberater, ISS , empfohlen, die amtierenden Telekom-Vorstände Hannes Ametsreiter und Hans Tschuden , die mit dem Korruptionssumpf nichts zu tun haben, sowie den Aufsichtsrat zu entlasten. ISS schließt sich der Meinung zweier renommierter Anwaltskanzleien und eines Wirtschaftsprüfers an. Diese hatten den mehr als tausend Seiten dicken Forensik-Bericht der deutschen Wirtschaftsprüfer BDO auf Pflichtverletzungen der amtierenden Organe gescreent und einen Persilschein ausgestellt.

Das wird viele Aktionäre allerdings nicht beeindrucken. Zu verlockend ist die Versuchung, sich in der Stadthalle auf großer Bühne zu profilieren, und sei’s nur rhetorisch.

Für Unmut sorgt schon im Vorfeld, dass der BDO-Bericht unter Verschluss gehalten wird. Die beiden Prüfungsleiter, Markus Brinkmann und sein Schweizer Kollege Stefan Kühn , werden den geschätzten Aktionären nur eine Zusammenfassung präsentieren – in anonymisierter Form. Begründung: Man wolle sich mögliche Klagen ersparen, mit der Staatsanwaltschaft kooperieren Telekom und BDO sowieso eng. Gravierende Malversationen, die über das hinausgehen würden, was Justiz und Öffentlichkeit schon bekannt ist, fand die BDO ohnehin nicht. Aber doch die eine oder andere kleinere Sumpfblüte.

Auf zwei Herren sind die Aktionäre besonders gespannt – den neuen Telekom-Großinvestor Ronny Pecik und dessen Mit-Financier, den ägyptischen Telekom-Tycoon Naguib Sawiris. Pecik hat sein Erscheinen angesagt, ob Milliardär Sawiris auftritt, ist noch offen. Beide fordern je einen Sitz im Aufsichtsrat und werden diesen bekommen. Dass dafür das Kontrollgremium von acht auf zehn Mandate aufgestockt wird, empört Betriebsratschef Walter Hotz : "Die Personalvertretung ist dagegen, weil das wieder Mehrkosten verursacht."

Die Vergrößerung des Aufsichtsrates dürfte mit dem Übernahmegesetz zu tun haben. Großaktionäre balancieren auf einem schmalen Grat. Beim Verdacht, sich zu koordinieren, droht die Verpflichtung für ein Übernahmeangebot an die restliche Aktionärsschaft. Zwei zu acht Kapitalvertreter schaut besser aus als ein Verhältnis von zwei zu sechs. Außerdem gibt die ÖIAG weniger Macht ab.

Zukunftsängste

Die Zukunft der Telekom war noch nie so ungewiss wie heute. Was haben Sawiris und Pecik, der als Investor immer wieder heftig polarisiert, tatsächlich mit dem 17.000 Mitarbeiter großen und 4,45 Milliarden Euro Umsatz schweren Konzern vor? Pecik beteuerte wiederholt die Langfristigkeit seines Engagements. Er hält über die Marathon Zwei Beteiligungs GmbH , die seiner RPR Privatstiftung gehört, schon knapp 22 Prozent an der Telekom.

Auffallend: Obwohl ursprünglich angekündigt, hat Pecik bisher die Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie noch immer nicht. Gerüchte, die derzeit wieder in Finanzkreisen kursieren, deuten dies als Indiz für eine Verstimmung zwischen Pecik und Sawiris. Der Ägypter sei der tatsächlich starke Part des Duos, obwohl Pecik die Aktien hält. Und er wolle mehr Mitsprache, vor allem beim Weiterverkauf der Anteile, heißt es. Schwachsinn, kein Wort davon wahr, tönt es aus der Umgebung des gelernten Starkstrom-Mechanikers Pecik, der es in die Oberliga von Österreichs Reichen geschafft hat.

Den Deal hat zweifellos Pecik aufgestellt. Sawiris finanzierte den Eigenkapitalanteil mit rund 160 bis 170 Millionen Euro mit. Geschätzte 750 Millionen Euro wurden über Bankkredite aufgebracht, bei der Deutschen Bank und einem Schweizer Institut. Die Kreditverträge tragen nur Peciks Unterschrift.

Wer neben dem Gemetzel der Kleinaktionäre in der Stadthalle auch noch eine Schlacht zwischen den beiden Großaktionären ÖIAG und Pecik/Sawiris erwartet, dürfte enttäuscht werden. Nach anfänglichen Irritationen scheint sich das Verhältnis zwischen Pecik und Beyrer versachlicht zu haben.

Die ÖIAG hält 28,4 Prozent an der Telekom und sucht bekanntlich einen langfristigen, strategischen Investor. Der könnte auch eine Person sein – Sawiris soll dazu bereit sein und hätte als reichster Mann Afrikas locker das Kleingeld. Die heimische Politik jedoch hat damit wenig Freude, ihr ist ein internationaler Großkonzern aus der Branche lieber.

Ein Szenario, bei dem alle Interessen bedient würden: Die ÖIAG findet einen kapitalstarken, strategischen Partner, an den Pecik & Sawiris verkaufen. Die nicht gerade eigenkapitalstarke Telekom wird bei der 2013 anstehenden Versteigerung von Funk-Frequenzen wohl kaum ohne frisches Geld ins Rennen gehen können. Das Eigenkapital schrumpfte von 2,16 Milliarden (2008) bis Ende 2011 auf 885 Millionen .

Dieser Partner könnte schon heuer gefunden werden. Reges Interesse zeigt die norwegische Telenor , die schon sehr konkret mit der ÖIAG als auch mit Pecik&Sawiris verhandelt hat. Man traf sich mit dem Mexikaner Carlos Slim , dem reichsten Mann der Welt und Besitzer des auch in Europa engagierten Mobilfunkimperiums América Móvil . Sowie mit Managern von China Mobile und dem japanischen Telekomriesen NTT .

Schon länger diskutiert wird übrigens ein dritter Telekom-Vorstand – allerdings nicht der kolportierte Konzernstratege Georg Donaubauer. Ametsreiters Vertrag läuft Ende 2013 aus, ein Jahr vorher muss bekannt gegeben werden, ob verlängert wird. Gut möglich, dass er trotz aller gegenteiligen Spekulationen im Sattel bleibt.

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