ÖIAG-Chef: „Verunglimpfungen in Stasi-Manier“

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Wirtschaft von innen: Staatsholding-Chef Markus Beyrer wehrt sich dagegen, wegen der Telekom permanent öffentlich abgewatscht zu werden.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Markus Beyrer hat sich den Job als Vorstand der Staatsholding ÖIAG und Aufsichtsratsvorsitzender der Telekom vermutlich etwas weniger turbulent vorgestellt. Der in der Öffentlichkeit bisher sehr zurückhaltende VP-nahe Manager macht im KURIER-Interview seiner Empörung über seiner Meinung nach haltlose Vorwürfe Luft. Die Telekom, sagt er, muss in allen Belangen besser werden. Mit dem Einstieg des umstrittenen Investors Ronny Pecik sieht er am Ende des Tages die Chance auf einen strategischen Partner – vorausgesetzt, die Politik will.

KURIER: Sie sind politisch und medial stark unter Beschuss geraten. Zuletzt wurde Ihnen vorgeworfen, während Ihrer Funktion als Generalsekretär der Industriellenvereinigung IV den Informanten für den Telekom-Vorstand gemacht und vertrauliche Infos der Gewerkschaft an die Telekom weitergegeben zu haben. Markus Beyrer: Ich finde es ungeheuerlich, dass ich für einen völlig normalen Sachverhalt mit Stasi-Klassifizierungen als „Informant“ verunglimpft werde. Es gehört zu den Kernaufgaben der Industriellenvereinigung, als Interessensvertretung ihre Mitglieder über relevante Sachverhalte zu informieren. Es ist schließlich der Job der IV, bei einem Konflikt zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Unternehmerseite zu vertreten. Außerdem kann keine Rede davon sein, dass die Sache vertraulich war. Es ärgert mich wirklich sehr, dass jetzt in Stasi-Manier daraus etwas konstruiert wird.

Jetzt sind die Jagdeinladungen, die Sie damals von der Telekom angenommen haben und die beim Lobbying-Grafen Alfons Mensdorff-Pouilly stattfanden, wieder aufgepoppt. Finden Sie heute immer noch nichts daran?Faktum ist, dass ich während meiner Zeit bei der IV von Mitgliedsunternehmen sehr viele Einladungen hatte und diese, in Absprache mit dem Präsidenten der IV, ohnehin nur zu einem sehr geringen Teil wahrgenommen habe. In meiner damaligen Funktion wurde von den Mitgliedern auch erwartet, dass ich Einladungen nachkomme. Neu ist, dass jetzt schon Events in den Raum gestellt werden, auf denen ich niemals war.

Die Telekom wird Ihre Einladungspolitik hoffentlich ändern.Wir haben einen international renommierten Chief Compliance Officer eingesetzt, der ein Compliance-System (Wohlverhaltensregeln) mit absoluter Vorbildwirkung in Österreich weiterentwickeln soll.

Die Telekom hat nicht nur Probleme mit ihrer Skandal-Vergangenheit, auch für die Zukunft droht Ungemach. Der schillernde Investor Ronny Pecik hat sich mit mehr als 20 Prozent eingekauft. Die ÖIAG aber starrt wie das Kaninchen auf die Schlange und wird als untätig kritisiert. Warum tun Sie nichts?Zuerst einmal: Wenn man wie die ÖIAG 28 Prozent an einem Unternehmen hält, hat man auf die Verschiebung innerhalb der anderen 72 Prozent keinen Einfluss. Etliche Rechtsvorschriften – Aktiengesetz, Börsegesetz, Übernahmerecht – legen mir ein enges Korsett an, das eine öffentliche Kommunikation nicht zulässt. Herr Pecik ist als Aktionär der Telekom zu akzeptieren. Sollte er tatsächlich länger im Unternehmen investiert bleiben, wird sich im Rahmen der engen rechtlichen Vorschriften eine Diskussionsbasis finden müssen. Ich halte es aber für wahrscheinlicher, dass am Ende ein strategischer Partner für die Telekom stehen wird.

Da gibt es ohnehin schon Zurufe aus der Politik und die absurdesten Ideen, wer als Partner infrage käme.Wenn sich die Regierungsparteien nicht auseinanderdividieren lassen, dann muss es möglich sein, dass am Schluss ein Partner da ist, der für die Telekom und den Wirtschaftsstandort Österreich der richtige ist. Sollte aber versucht werden, politisches Kleingeld zu wechseln, dann kann alles auch ganz anders laufen.

"Marktgerüchte kann ich nicht kommentieren"

ÖIAG-Chef: „Verunglimpfungen in Stasi-Manier“

Sie selbst jetten derzeit angeblich um die halbe Welt, um einen strategischen Partner zu suchen.Marktgerüchte kann ich nicht kommentieren. Aber natürlich ist es meine Aufgabe, mir ein fundiertes Bild über die Vor- und Nachteile verschiedener langfristiger Optionen zu machen.

Ist die Telekom vielleicht auch schon bald so weit wie die AUA?Ganz sicher nicht. Das unerfreuliche Ergebnis ist primär durch die Währungsentwicklung in Weißrussland bedingt. Aber natürlich muss die Telekom in allen Belangen besser werden. Der Aufsichtsrat war sehr dahinter, dass die neue Strategie „New Ambition“ angegangen wird. Dabei geht es im Wesentlichen darum, das Unternehmen fit zu machen. Die Partnerfrage hat sich durch die Verschiebung der Aktionärsstruktur ergeben. Und nicht, weil wir kurzfristig einen Partner suchen müssen. Aber noch einmal: Das Ziel aller muss ein richtiger Partner sein. Die Voraussetzung dafür ist, dass uns die Politik diesbezüglich den Rücken freihält.

Was halten Sie von einer völligen Privatisierung der Telekom? Dann könnte der Konzern nicht mehr als Bankomat für Parteienfinanzierungen missbraucht werden.Eine komplette Privatisierung halte ich nicht für sinnvoll. Die Benchmark mit vergleichbaren Ländern zeigt, dass Telekom-Unternehmen mit einem staatlichen Kernaktionär eigenständig geblieben sind. Während die anderen von größeren Mitbewerbern übernommen wurden. Telekommunikations-Unternehmen haben grundsätzlich eine hohe standortpolitische Bedeutung.

 

"Wenn man mich einlädt, werde ich dieser Einladung gerne nachkommen"

Derzeit darf die ÖIAG ihre Anteile an den Unternehmen nicht nennenswert aufstocken. Sollte das ÖIAG-Gesetz dahingehend geändert werden, dass auch zugekauft werden darf?Das wäre, jetzt losgelöst von der Telekom-Frage, grundsätzlich überdenkenswert. Der Schwerpunkt der ÖIAG hat sich von einer ursprünglichen Privatisierungsagentur – es galt, die Schulden der Verstaatlichten Industrie abzutragen – hin zum Beteiligungsmanagement verlagert.

Aber brauchen wir die ÖIAG überhaupt? Der SP-Industrielle Hannes Androsch hat einmal gesagt, ein Sektionschef im Finanzministerium könnte diesen Job auch erledigen.Ich darf schon darauf hinweisen, dass wir – mit den drei börsenotierten Beteiligungen Telekom, Post und OMV – derzeit ein Portfolio mit einem Gewicht von mehr als 25 Prozent des Wiener Leitindex ATX managen. Die OECD hat diese Struktur in einem internationalen Vergleich als ideal beurteilt. Natürlich sind wir willens und auch in der Lage, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.

Welche wären das?Diese Debatte führen wir mit dem Eigentümer und nicht über die Öffentlichkeit.

Wie lange wollen Sie Telekom-Chef Hannes Ametsreiter noch halten? Er wirkt mit dem Krisenmanagement leicht überfordert.Der Aufsichtsrat hat dem Vorstand das Vertrauen ausgesprochen. Es gibt bis jetzt keinen Grund, diese Entscheidung zu hinterfragen.

Auch Sie sollen demnächst vor den Korruptions-Untersuchungsausschuss geladen werden. Freuen Sie sich schon?Wenn man mich einlädt, werde ich dieser Einladung gerne nachkommen.

Zur Person: Chef der Staatsholding ÖIAG

Karriere Der 46-jährige Jurist und WU-Absolvent startete seine Berufslaufbahn 1992 im EU-Expertenteam der Wirtschaftskammer Österreich. In diese kehrte er nach einem Zwischenspiel (1999–2002) im Kabinett von VP-Kanzler Wolfgang Schüssel 2002 als Leiter der Stabsabteilung Wirtschaftspolitik zurück. Im Sommer 2004 wurde der verheiratete zweifache Vater Generalsekretär der Industriellenvereinigung. Seit 1. Juli 2011 ist Beyrer Vorstand der Staatsholding ÖIAG.

Unternehmen Die ÖIAG hält noch Anteile an drei börsenotierten Unternehmen. An der Post hat die Staatsholding mit 52,8 Prozent die Mehrheit. Am Mineralölriesen OMV ist sie mit 31,5 Prozent beteiligt und kontrolliert gemeinsam mit der Staatsholding IPIC (Abu Dhabi) die Mehrheit. Sorgenkind der ÖIAG ist die von Korruptionsskandalen gebeutelte Telekom Austria , bei der die ÖIAG mit 28,4 Prozent größter Aktionär ist. Die TA fuhr 2011 einen Verlust von 253 Millionen Euro ein.

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