Karlheinz und Karl-Heinz
Seine Welt ist die des großen Geldes, der vornehmen Klubs, der elitären Kultur- und konservativen Politzirkel. Der wirklich Reichen - an Vermögen und an Einfluss. Der 53-jährige Greißler-Sohn aus dem steirischen Gleisdorf arbeitete sich, unbemerkt von der Öffentlichkeit, zum erfolgreichsten Österreicher in der Metropole der internationalen Finanzwelt hinauf. Da flog der Skandal um die Privatisierung der BUWOG-Immobilien auf und Karlheinz Muhr fand sich in den Medien neben Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und dessen Spezis wieder. Die von Muhr gegründete Firma Volaris, an der er 23 Prozent hielt, war von der Investmentbank Lehman als Berater geholt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt immer noch, warum Lehman den Auftrag für den BUWOG-Verkauf erhielt, obwohl die CA-IB billiger war. Dass ihm seine Freundschaft zu KHG einmal eine Vorladung als Zeuge beim Staatsanwalt einbringen würde, hätte sich der Banker mit feudalem Anwesen auf Long Island wohl nicht gedacht, als man einander bei Magna kennenlernte. Frank Stronach hatte Muhr in den Aufsichtsrat von Magna International geholt. Der selbstbewusste Investmentbanker, der schon als Gymnasiast das Wall Street Journal abonnierte, dürfte dem jungen Grasser mächtig imponiert haben. Wahrscheinlich ist Karlheinz Muhr genau so, wie Karl-Heinz Grasser gerne wäre.
"Das ist eher eine Einbahnstraße. Beide haben völlig unterschiedliche Wertsysteme. Grasser hat sich damals irgendwie an Muhr, der ihn sehr fasziniert hat, drangehängt", meint ein enger Freund des Bankers. Jettete Grasser als Finanzminister in die USA, öffnete Muhr Türen, die sonst wohl verschlossen geblieben wären. "Als Österreicher war es mir eine Ehre, dem Finanzminister, wie auch anderen Ministern über viele Jahre, meine Kollegen aus der Finanzindustrie und andere Politiker, CEOs und Senior Manager vorzustellen", erinnert sich Muhr. Nach seinem Abgang aus der Politik orakelte Grasser über Angebote aus der Hochfinanz -, die bis heute nicht eingetroffen sein dürften. Muhr hat offenbar nicht vermittelt. "Ich bin kein Head-Hunter und habe nie ein Jobangebot gemacht. Er kannte selbst sehr viele Leute im Finanzbereich". Zur Freundschaft zu KHG steht Muhr nach wie vor. Gegenüber dem KURIER, dem er jetzt eines seiner raren Interviews gab, spricht er offen darüber. "Wir sind befreundet, obwohl wir uns nicht oft sehen." Ab und zu, "vielleicht ein bis zwei Mal im Jahr", trifft man einander in Kitzbühel, wo Muhr als Board-Mitglied des Aspen Instituts, einem der führenden Thinktanks der USA, auf seinem schlossähnlichen "Haldenhof" Kapazunder aus Wirtschaft und Politik zum Gedankenaustausch lädt. Im Gegensatz zu KHG, der in der Kitzbüheler Party-Szene den Prinzgemahl seiner Frau Fiona gibt, legt Muhr keinen Wert auf die Seitenblicke-Gesellschaft. "Muhr ist der typische Amerikaner der ersten Generation. Fast schon über-amerikanisch. Extrem leistungsorientiert und gesellschaftliche Reputation ist wichtig, aber wenn es wem schlecht geht, hilft er sofort", beschreibt ihn Österreichs EU-Kommissar Gio Hahn . Diese Freundschaft reicht in die Schulzeit zurück. Damals versuchten sie gemeinsam, in der Union Höherer Schüler Bildungspolitik zu machen. Mit dabei: Der VP-Politiker Reinhold Lopatka , Othmar Karas , Chef der VP-Abgeordneten im EU-Parlament, der Anwalt Wieland Schmid-Schmidsfelden und Günther Ofner , ab September neuer Vorstand am Flughafen Wien.
Keiner aus der alten Clique hat seinen Weg so zielstrebig gemacht wie Muhr. "Er wusste damals schon, dass er Banker in den USA werden will und ist heute einer der erfolgreichsten Auslandsösterreicher", attestiert Karas dem "sehr analytischen" Muhr hohe Zielorientierung. Dessen Privatvermögen soll schon jenseits der 100 Millionen Dollar liegen. Muhr winkt ab: "Ich würde es mir wünschen. Wie solche Schätzungen zustande kommen, weiß ich nicht." "Er hat nie seine österreichischen Wurzeln verleugnet", sagt Hahn. Mit Ofner, und Schmid-Schmidsfelden gründete Muhr die Stiftung "Freunde der Österreichischen Schule der Nationalökonomie". Um " das Volks- und Kulturgut unserer großen österreichischen Ökonomen, von Carl Menger bis Josef Schumpeter, zu bewahren und Schülern und Studenten näherzubringen". Seit 14 Jahren sitzt er im Board des renommierten "Institute of International Education", das weltweit die begehrten Fulbright-Stipendien vergibt. Über Unterstützung kann sich die Wiener Wirtschaftsuniversität ebenso freuen wie die "American Austrian Foundation" und die Salzburger Festspiele. Seit seinem ersten US-Aufenthalt als Student "ein unermüdlicher Promotor Österreichs", sagt Muhr über Muh r.
Philanthrop Muhr, dessen Frau Elisabeth für die bunten Vögel von Erhard Busek gearbeitet hatte, macht sein Geld nicht mit Hasardieren, sondern mit dem Begrenzen von Risiken - wie Kursschwankungen in Portfolios ausgeglichen werden können. "Management ohne Werte ist für ihn undenkbar. Er hat sich immer intensiv mit der Frage beschäftigt, wie Unwägbarkeiten am Kapitalmarkt entstehen und in den Griff zu bekommen sind - im Interesse des Gemeinwohls", schildert Schmid-Schmidsfelden. Muhr arbeitete eng mit Myron Samuel Scholes zusammen. Der Wirtschaftswissenschaftler hatte 1997 den Nobelpreis für die Bewertung von Finanzoptionen erhalten, Muhr holte ihn zu Volaris. Seinen Anteil an Volaris hat Muhr dann an Credit Suisse verkauft. Heute leitet er Cenario Capital, ist Chairman von Factor Advisors und gesuchter Berater großer institutioneller Investoren an der Wall Street. Das Geschäft läuft gut in Zeiten, in denen Sicherheit gefragt ist. Zurück zur BUWOG, zu Lehman und Volaris. Die wurde von Lehman für 433.820 Euro Honorar als Subberater wegen seiner Expertise für Mortgage-Assetbacked Securities ( Wertpapiere, die auf Hypotheken basieren) und Riskmanagement ausgewählt, betont Muhr. Dass er darüber hinaus ein exzellentes Netzwerk an Kontakten hatte, " mag legitimerweise durchaus eine Rolle gespielt haben". Was aber hat Volaris genau für Lehman geleistet? "Mehrere Umsetzungskonzepte mitentwickelt und durchgerechnet", erklärt Muhr. Sowie an der Angebotslegung des Lehman-Konsortiums mitgearbeitet. Mit Grasser habe er über die BUWOG " absolut nicht gesprochen. Ich hatte schon auf Grund unseres Vertrages mit Lehman nicht die Berechtigung, solche Gespräche zu führen." Tatsächlich nie? Einmal wurde doch darüber geredet. "Das einzige Gespräch mit KHG in diesem Zusammenhang fand Monate vor der Ausschreibung statt", beteuert Muhr. "KHG hat mich damals gefragt, wer auf dem Sekurisationsgebiet international Erfahrung hat. Ich habe ihm Morgan Stanley, Credit Suisse, Babcock and Brown und Lehman empfohlen." Er hatte, " und das ist mir wichtig", betont Muhr, zu diesem Zeitpunkt keine geschäftliche Beziehung zu Lehman und es sei nicht absehbar gewesen, welche Bieterkonsortien sich beteiligen würden. Während Grasser in der BUWOG-Causa als Beschuldigter geführt wird, sei Muhr strafrechtlich nichts vorzuwerfen, heißt es in der Staatsanwaltschaft. Mit Lehman war Muhr während Grassers Amtszeit ein zweites Mal im Geschäft. Als Subberater beim Rückkauf des 25-prozentigen Mobilkom-Anteils von der Telecom Italia, Volaris erhielt rund 150.000 Euro Honorar. Würde er den BUWOG-Auftrag aus heutiger Sicht nochmals annehmen? " Professionell ja. Immerhin gelang es unserem Konsortium, den Preis von BUWOG&Co. für die Republik von zirka 500 Millionen Euro in der ersten Runde auf fast eine Milliarde zu treiben." Und aus persönlicher Sicht? "Niemals, die Artikel darüber hätte ich mir gerne erspart."
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