Bristol: Gustostückerl für Frau Sacher

Bristol: Gustostückerl für Frau Sacher
Wirtschaft von innen: Dem Verkauf des Nobelhotels an Elisabeth Gürtler ging ein erbittertes Match zwischen Starwood und der Bank-Austria-nahen B&C-Stiftung voraus.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

In ganz Wien gibt es kein schöneres Ambiente für eine Hauptversammlung als jenes der Imperial Hotels Austria AG, kurz IHAG. Trotzdem hatte es Aufsichtsratspräsident Walter Nettig, langjähriger Ex-Chef der Wirtschaftskammer Wien, vorgezogen, am 18. Juli zum Aktionärstreffen im "Imperial" nicht zu erscheinen. Er ahnte, dass ihm die Kleinaktionäre keine bequemen Fragen stellen würden. Lange wurde diskutiert über Bewertungsgutachten, Interessenten, Verkaufspreise und Spaltungsverträge. Einen Monat zuvor war der Verkauf der IHAG-Häuser offiziell verkündet worden - neben dem "Imperial" das "Bristol" gegenüber der Wiener Staatsoper und der "Goldene Hirsch" in Salzburg. Die Kleinaktionäre fühlten sich über den Tisch gezogen. Nicht nur sie. Auch die Aktionäre der Unicredit Bank Austria dürften mit dem Deal wenig Freude haben. Im Gegensatz zum Hotelkonzern Starwood und Sacher-Chefin Elisabeth Gürtler samt Familie.

Die Vorgeschichte

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Die IHAG gehörte zu 52,1 Prozent der B&C-Holding, der operativen Tochter der B&C-Privatstiftung. Dort parkte der damalige Bank-Austria-Chef Gerhard Randa 2000 die schwergewichtigen Beteiligungen von Bank Austria und Creditanstalt, um sie vor einem Abverkauf durch den neuen Eigentümer HypoVereinsbank (HVB) zu retten. Die Stiftung ist zwar eigenständig, im Fall ihrer Auflösung gehört das Vermögen laut Urkunde aber den HVB-Aktionären - seit der Übernahme durch die Unicredit detto deren Aktionären. Mit hinein verpackt wurde auch die Imperial-Hotelgruppe der Creditanstalt. 47,4 Prozent an der IHAG hielt Starwood. Im Frühjahr 2009 beschloss die B&C, sich von den Hotels zu trennen. Die B&C musste allerdings bald erkennen, dass ohne Starwood gar nichts lief. Zu eng hatte sich die Creditanstalt 1988 unter ihrem Chef Guido Schmidt-Chiari über einen Syndikatsvertrag an den Hotelkonzern gekettet. Sensationell günstig für Starwood, ist auch der bis Ende 2012 laufende Managementvertrag. Starwood zahlt für den Betrieb der drei Nobelhäuser eine jährliche Pacht von 1,1 Millionen Euro, weniger als 300 Euro pro Zimmer und Monat. Für Häuser dieser Klasse sind 2000 Euro und mehr üblich.

Interessenten

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Interessenten für die drei Nobel-Immobilien hätte es genug gegeben. Vom heimischen Immo-Tycoon Karl Wlaschek über Kempinski, Marriott, Investoren aus Deutschland und dem arabischen Raum bis zur US-Bank Goldman Sachs, dem griechischen Reeder George Economou, Hälfte-Partner von René Benko, Renate Wimmer, Chefin der heimischen Arcotel-Gruppe, und dem Ferienhotelier Karl Reiter. Auch Frau Gürtler wurde gefragt, war aber an allen drei Hotels nicht interessiert. In Summe deklarierten sich 25 bis 30 Kandidaten. Starwood, hauptsächlich an der Verlängerung der Managementverträge interessiert, lehnte einen nach dem anderen ab. Weshalb die B&C nach außen hin Verkaufsabsichten regelmäßig dementierte. Etliche Interessenten schafften es nicht einmal über die Vorzimmer-Damen hinaus und bekamen schlichtweg keinen Termin. Ihnen einfach die Wahrheit zu schreiben, war offenbar zu peinlich. Nicht weniger peinlich war es, dem Chef eines arabischen Konzerns, der höchstpersönlich zum Verhandeln nach Wien geflogen kam, gleich wieder absagen zu müssen. Selbst Interventionen für einen Gesprächstermin über Stiftungsvorstand Erich Hampel fruchteten nichts. Der Vize-Aufsichtsratschef der Unicredit Bank Austria darf übrigens zum engeren Bekanntenkreis von Frau Gürtler gezählt werden. Entnervt entwarf man bei B&C unter dem Projekttitel "Kaiserjäger" juristische Kampf-Szenarien gegen Starwood. Schließlich gelang folgende Einigung: Die beiden Stiftungen der Familie Gürtler, Alge und Geal, übernehmen das "Bristol", Starwood bekommt dort ab 2012 einen neuen Betreiber-Vertrag. Die beiden anderen Hotels gehen an Starwood.

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Die Sacher-Chefin kann sich über einen Kaufpreis freuen, der zwischen 65 und 70 Millionen Euro liegen dürfte. Experten schätzen allein den Wert der Immobilie auf rund 100 Millionen Euro. Warum bei der Bewertung 8,2 Millionen Euro für zukünftige Investitionen wertmindernd abgezogen wurden, konnte auf der Hauptversammlung auch nicht plausibel erklärt werden. Aber Gürtler passte Starwood und B&C eben gut ins Konzept. Der Familie Gürtler gehört die Hälfte des Salzburger "Sheraton", das - erraten - von Starwood betrieben wird. Miteigentümer des "Sheraton" ist der Wiener Anwalt Andreas Grohs, der Frau Diplomkaufmann familiär verbunden. Er ist außerdem Aufsichtsratsvorsitzender der Hotel Sacher, Eduard Sacher GmbH und Vorstand der Gürtler-Stiftungen. Das allein ist noch nicht so bemerkenswert. Wäre Grohs nicht auch der Kanzleipartner von Wolfgang Hofer, Vorstand der B&C-Stiftung und Aufsichtsrat der B&C-Holding.

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Ausgerechnet Grohs wurde von der B&C mit der juristischen Abwicklung des Verkaufsprozesses beauftragt. "Ich habe nicht schlecht gestaunt, als wir zum Verkaufsgespräch, das ohnehin nur zum Schein geführt wurde, in die Kanzlei von Dr. Grohs gebeten wurden. Wir sollten also mit dem Vertrauten unserer direkten Konkurrentin verhandeln", wunderte sich ein abgeschasselter Kandidat. Er war nicht der Einzige. Grohs saß von Beginn an bei den Gesprächen mit Interessenten mit am Tisch. Erst im Jänner 2011, als mit Elisabeth Gürtler konkret über das "Bristol" verhandelt wurde, klinkte sich Grohs aus. Sein Partner Hofer will daran keine schiefe Optik finden. Grohs sei ein ausgewiesener Experte, der B&C-Aufsichtsrat habe zugestimmt und sei laufend informiert gewesen. Unterschrieben werden die Verträge am 30. September. Michael Junghans, Geschäftsführer der B&C-Holding, der gerne von sich in der dritten Person spricht, ist begeistert über "eine für alle Beteiligten erfolgreiche Lösung". Tatsächlich für alle Beteiligten?

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