AUA, nächstes Sparpaket im Anflug

AUA-Belegschaft ist tief frustriert.
Wirtschaft von innen: Sparkurs wird verschärft, Stimmung im Unternehmen ist am Tiefpunkt und die Konkurrenz will der AUA noch härter zusetzen.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Der Weihnachtsbrief von Lufthansa-Konzernchef Christoph Franz vermieste der Belegschaft die Lust aufs Feiern gründlich. In der Mitarbeiterzeitung Lufthanseat kündigte Franz ein neues konzernweites Programm zur Ergebnisverbesserung an. Um weiterhin Europas größte Airline zu bleiben und sich der zunehmenden Konkurrenz zu erwehren, „brauchen wir eine deutlich höhere operative Marge“. Das Sparprogramm wird auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt, mit dem auslaufenden „Climb 2011“ hat die Lufthansa die Kosten zuletzt bereits um eine Milliarde Euro gedrückt.

Bei seinem Besuch in Wien sprach Franz, der schon als Sanierer der Lufthansa-Tochter Swiss Härte bewies, dann gegenüber der AUA Klartext. Die 100 Millionen Euro, welche die Österreich-Tochter einsparen will, um endlich wieder in die schwarzen Zahlen zu fliegen, seien zu wenig. „Die AUA ist vom Gewinnkurs weit entfernt, und 2012 erwarten viele ein schlechtes Jahr für die Luftfahrt“, tönte Franz wieder auf dem Jahresmeeting des Lufthansa-Flugverbundes „Star Alliance“.

Synergien

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Die 100 Tage Schonfrist will Jaan Albrecht, seit November neuer AUA-Chef, lieber gar nicht abwarten. Am kommenden Dienstag präsentiert er sein Gesamt-Konzept, wie die Airline, die seit 2001 mehr als eine Milliarde Euro verbrannt hat, aus der Verlustzone kommen soll. Flankiert wird Albrecht von den Vorständen Peter Malanik und Andreas Bierwirth. An den Details wird noch gefeilt, aber die Eckpunkte sind klar: Verringerung und Anpassung der Kapazitäten an die Nachfrage. Heißt für die Passagiere: Streichen von Strecken und Kürzung von Frequenzen. Das Flugnetz soll zwar im Großen und Ganzen aufrecht erhalten bleiben, wird aber teilweise ausgedünnt.

Intern soll die Produktivität gesteigert werden, überlegt werden unter anderem flexiblere Arbeitszeitregelungen. Was in Summe wohl nicht ohne den weiteren Abbau von Arbeitsplätzen abgehen dürfte. Ob die natürliche Fluktuation dafür ausreicht, wird sich zeigen.

Die Umsetzung wird für Albrecht zur Nagelprobe. Gestreikt ist schnell und Arbeitskämpfe sind für Airlines besonders teuer. Die Stimmung im Unternehmen ist schon länger miserabel, die Motivation auf dem Tiefpunkt. Die Mannschaft hat noch einen fünfprozentigen Gehaltsverzicht laufen – aus dem 150-Millionen-Euro schweren Personalpaket, das die Lufthansa bei der Übernahme der konkursreifen rot-weiß-roten Airline als Bedingung einforderte. Die Belegschaft wurde von 8500 auf 6000 Mitarbeiter (auf Vollzeitbasis) reduziert. Zusätzlich legte Österreich 500 Millionen Euro Staatshilfe drauf.

„Bis jetzt haben wir von den viel beschworenen Synergien mit der Lufthansa nicht viel bemerkt“, ätzen Insider. Immer noch sind Flugbetriebe und Wartung von AUA und Tochter Tyrolean getrennt. Von der seit Jahren diskutierten Vereinheitlichung der Flotte ist derzeit keine Rede. Eine durchgehende Bereinigung des Flugzeugparks würde die laufenden Betriebskosten deutlich senken, aber hohe Investitionen erfordern. Doch die Lufthanseaten haben wenig Lust, frisches Geld in die defizitäre Tochter zu pumpen. Daher wird seit längerem überlegt, Teile der Boeing-Flotte auszumustern und teils durch alte, abgeschriebene Airbus-Maschinen der Lufthansa zu ersetzen. Mit einer Verkleinerung der Flotte darf gerechnet werden.

Die ehemalige AUA-Zentrale in Wien-Oberlaa ist seit Jahren nicht verkauft. Das Grundstück gehört der Gemeinde Wien, das Gebäude der AUA. Die zugesagte Umwidmung für eine andere Nutzung ist ausständig. Wie es aussieht, dürfte die ehemalige Staatsairline auf der offenbar nicht verwertbaren Büro-Immobilie in Schwammerl-Form sitzen bleiben. Am Flughafen steht ein großes Crew-Gebäude seit längerem leer, es wird versucht, aus dem langfristigen Mietvertrag mit dem Airport heraus zu kommen.

Emotionale Turbulenzen

„Nur mit Einsparungen und ohne parallel zu investieren, wird es nicht gehen“, sorgt sich Alfred Junghans, Betriebsratschef Boden. „Die Mitarbeiter haben mittlerweile den Eindruck: Egal, was wir tun, es hilft alles nichts. Am Ende steht immer ein Minus“, schildert Junghans den Frust im Haus.

Für heftige emotionale Turbulenzen sorgt obendrein das Incentive-Programm LH Performance 2011 für die Konzern-Führungskräfte, bei dem auch die AUA-Vorstände mitmachen. Das Programm hängt an der Entwicklung der Lufthansa-Aktie, die Teilnehmer müssen zuerst selbst in die Aktie investieren – wofür der Kranich Rabatte anbietet. Deren Höhe wird freilich streng geheim gehalten, bei ähnlichen Incentives sind Nachlässe bis zu 50 Prozent üblich.

Bereits im Vorjahr gab es heftige Verwerfungen wegen Bonuszahlungen von insgesamt drei Millionen Euro ans Management. Der operative Verlust war geviertelt worden, lag aber trotzdem bei knapp 65 Millionen Euro. Die Betriebsräte forderten die Rückzahlung der Boni, das Management tobte über „unglaubliche Entgleisung“ und „Ehrenbeleidigung“.

Der Ton bleibt scharf. „Wenn die Führungskräfte die ersten Früchte alleine verspeisen und die Mannschaft nicht beteiligen, werden sie die Mitarbeiter nicht dazu bringen, hinter ihnen zu stehen“, wettert Bord-Betriebsratschef Karl Minhard. Die Mannschaft sei jetzt gespannt auf Albrecht, „denn das Vertrauen in die restlichen Führungskräfte ist nicht mehr sehr groß“. Freizeit-Kabarettist Junghans hat überhaupt „den Eindruck, dass die Lufthansa für Aktionärsinteressen, Börsenstorys und Ratings mehr Zeit aufwendet als für das operative Geschäft.“

Am Markt droht noch schärferer Gegenwind – hoher Ölpreis, Rezession in der Eurozone und die immer härtere Konkurrenz der Überflieger aus den Golfstaaten. Neben dem Erzfeind Emirates wird Etihad den Kampf um die Passagiere zusätzlich anheizen. Die staatliche Fluggesellschaft von Abu Dhabi steigt groß bei der angeschlagenen Air Berlin (samt deren Billig-Tochter NIKI) ein und gibt ein 200 Millionen Euro hohes Darlehen.

Passagiere

„Hauptmärkte sind für uns Deutschland, Österreich, Spanien und die Schweiz“, kündigt Mohamed Nasr, Area-Manager von Etihad, an. In Österreich will der Golf-Carrier der AUA mithilfe von Air Berlin und NIKI als Zubringer vor allem Langstrecken-Passagiere nach Indien, Fernost und Australien abjagen. Was Emirates erfolgreich vorfliegt. In der Lufthansa halten sich übrigens hartnäckig Gerüchte, Etihad hätte vor dem Deal mit Air Berlin nicht nur einmal um Gespräche zwecks Kooperation mit der Star Alliance gebeten, sei aber in Frankfurt arrogant abgeschasselt worden.

Schmerzhafte Zeiten also für die AUA. Auf Unterstützung der Politik brauchen Konzernboss Franz und sein Österreich-Statthalter Albrecht nicht mehr zu hoffen. Auch wenn Franz der österreichischen Regierung vorwarf, ihr Versprechen bei der Übernahme der AUA – den Luftfahrtstandort Österreich zu stärken – nur teilweise erfüllt zu haben. Gemeint sind Gebührensenkungen, von der Flugsicherung Austro Control über den Flughafen Wien bis zur Ticketsteuer. Im Gegenteil: Der Emissionshandel wird der AUA, wie allen Fluglinien Europas, zusätzliche Kosten bescheren.

Fragt sich, ob die Politik, die wegen der viel zu späten Privatisierung mitverantwortlich für das Desaster der AUA ist, nicht noch eine Chance vergeben hat. Als die Staatsholding ÖIAG auf Partnersuche für die Airline war, wurde in politischen Kreisen auch Etihad ventiliert. Die Abu Dhabis sind seit vielen Jahren über ihren Staatsfonds IPIC ein zuverlässiger Miteigentümer bei der OMV. Die Idee eines Paarflugs von Etihad und AUA wurde allerdings rasch wieder verworfen und alle Weichen in Richtung Lufthansa gestellt.

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