AUA: Letzte Chance zum Durchstarten

Wirtschaft von innen: OeBS Provisionsskandal: Die Frage der Revision
Die AUA-Mutter Lufthansa kennt kein Pardon. Schafft der neue Vorstand die Sanierung nicht demnächst, kann die halbe Belegschaft gehen.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Es geht nicht nur ums Geld. So manche Mitarbeiter kämpften bei der Betriebsversammlung am Freitag mit den Tränen. So könne sie einfach nicht weiter, verabschiedete sich eine Flugbegleiterin schluchzend. Die große AUA-Familie, das war einmal.

Teile der Mannschaft haben resigniert, wie viele Mitarbeiter tatsächlich vor dem Zwangsumstieg auf die kostengünstigere Tochter Tyrolean von Bord gehen und ihre beträchtlichen Abfertigungen (300.000 Euro im Durchschnitt) mitnehmen, wird man Ende kommender Woche wissen. Bis dato sind es laut Betriebsrat 80 Piloten und 170 Flugbegleiter.

Die Abgänge könnten zu Problemen im Flugverkehr führen, warnte der Betriebsrat mehrmals. Diese wurden auch für das Pfingstwochenende befürchtet. Zu Ausfällen oder gröberen Verspätungen kam es zumindest gestern, Samstag, aber nicht.

Betriebsrat gegen Gewerkschaft

AUA: Letzte Chance zum Durchstarten

In der Belegschaft sind die Fronten zwischen Alt und Jung gespalten, ebenso zwischen Betriebsrat und Gewerkschaft. Während Betriebsratsobmann Karl Minhard immer noch auf einen Kompromiss hofft und die Kollegenschaft zum Bleiben motiviert, schaltet die Gewerkschaft verdi auf hart und zieht vor die Gerichte.

verdi-Obmann Rudolf Kaske ist an der Eskalation des Konflikts zwischen Piloten und AUA-Chef Jaan Albrecht nicht ganz unbeteiligt. Während Minhard ahnungslos nach Dubai flog, schickte Kaske ausgerechnet den Hardliner Wolfgang Hable, der den letzten AUA-Streik anzettelte, als Verhandlungsführer ins Rennen. Nach elf Minuten stand Hable auf, der Vorstand kündigte den Kollektivvertrag. Worauf Kaske den Tyrolean-KV aufkündigte. Die Tyrolean-Mitarbeiter demonstrierten, was Seltenheitswert in Österreich hat, dagegen wütend vor der ÖGB-Zentrale. Dass Minhard nicht Gewerkschaftsmitglied ist, dürfte den Herren Funktionären gar nicht passen.

Albrecht mit dem Rücken zur Wand

AUA: Letzte Chance zum Durchstarten

Auch Albrecht steht mit dem Rücken zur Wand. Lufthansa-Boss Christoph Franz akzeptiert die Verluste der Österreich-Tochter nicht mehr. Er hat gerade dem gesamten Konzern ein 1,5 Milliarden Euro schweres Sparprogramm verordnet. Die chronisch defizitäre AUA hat seit 2001 eine Milliarde Euro Verlust eingeflogen und kommt auch heuer nicht in die schwarzen Zahlen. Die heimische Politik wartete so lange zu, bis man die ehemalige Staatsairline der Lufthansa samt 500 Millionen Euro Staatsbeihilfe schenkte. Heute ist die AUA das größte Sorgenkind des deutschen Luftfahrtriesen und Franz macht kein Hehl daraus, dass er sie nicht gekauft hätte.

Schafft AUA-Chef Albrecht die von Frankfurt vorgeschriebene Einsparung von 260 Millionen Euro heuer nicht, wird Franz nicht länger zuschauen. Ein Käufer ist angesichts der misslichen Lage der europäischen Luftfahrt auszuschließen, einen Konkurs kann sich die börsenotierte Lufthansa nicht leisten. Die Alternative: Reduzierung der 6000 Mitarbeiter großen AUA auf die Hälfte, Streichen der Langstrecke und Weiterflug als Regional-Carrier und Zubringer für Lufthansa und Schwester Swiss.

Noch gilt aber das Prinzip Hoffnung. 140 Millionen Euro an frischem Kapital ist die Lufthansa bereit, zu investieren. Das Geld ist abrufbar – wenn der Sparkurs gelingt.

Im AUA-Management regiert dafür die Angst. Der autoritäre Albrecht feuerte den langjährigen Vorstand Peter Malanik, der umgehend seinen Schreibtisch räumte. „Einvernehmlich“ nennt sich das. Sein Kollege Andreas Bierwirth musste schon im März gehen. Unter Malaniks Bereichsleitern erfolgte der Kahlschlag. Alle AUA-Manager mussten durch ein Assessment-Center. Die bange Frage, wer der Nächste ist, lähmt derzeit das Management.

Ist nicht so, dass Malanik und Bierwirth nicht gewollt hätten. Als im Vorjahr Thierry Antinori wenige Tage vor seinem Amtsantritt als AUA-Chef absprang und beim Erzrivalen Emirates eincheckte, wollten Malanik und Bierwirth ein Sanierungspaket starten. Sie sollen allerdings von Lufthansa-Vorstand und AUA-Aufsichtsratschef Stephan Lauer zurückgepfiffen und mit Analysen und Arbeitsgruppen beschäftigt worden sein. Sparprogramm erst, wenn der neue Vorstandschef (Albrecht) an Bord kommt.

Benz im Vorstand

AUA: Letzte Chance zum Durchstarten

Neben Albrecht wurde der Lufthansa-Bereichsleiter Carsten Benz in den AUA-Vorstand beordert. Der ehrgeizige Benz muss sich jetzt beweisen. Ein Erfolg in Wien würde ihn für höhere Konzernweihen empfehlen. Nach dem Vorbild von Franz, der nach gelungener Swiss-Sanierung in den Konzern-Vorstand aufrückte.

Ein geschickter Schachzug von Albrecht ist die Bestellung des pensionierten Swiss-Vorstands Gaudenz Ambühl zum neuen Chef der Tyrolean, in die der AUA-Flugbetrieb integriert wird. Der 61-jährige Schweizer ist ein enger Vertrauter von Swiss-Chef Harry Hohmeister, der im Aufsichtsrat der AUA sitzt.

In Frankfurt ist übrigens schon das Match um die 2013 anstehende Nachfolge von Jürgen Weber als Konzern-Aufsichtsratschef angepfiffen. Die Kritik an Webers Wunschkandidat Wolfgang Mayrhuber, bis Ende 2010 Lufthansa-Chef, wird immer lauter. Dem Oberösterreicher wird nicht nur der Kauf der AUA vorgeworfen. „Die Jungs machen Kleinholz aus seinem Vermächtnis“, zitierte der Spiegel einen Aufsichtsrat. Die notverkaufte britische Fluggesellschaft BMI verschlang 1,2 Milliarden Euro, die eingestellte Lufthansa Italia 200 Millionen. Für BMI war allerdings Weber verantwortlich, Mayrhuber selbst drehte das Italien-Abenteuer ab. Ein außenstehender Aufsichtsratschef wäre für Franz & Co. freilich bequemer als der Experte Mayrhuber. Hoffnungen als Ersatzkandidat soll sich Lauer machen. Der weiß als ehemaliger Büroleiter des Frankfurter Oberbürgermeisters gut, wie man politische Fäden zieht.

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