wien mitte: Provinz-Konzert

Die Großwarasdorfer hörten sich die Lieder mit einer Coolness und Vertrautheit an, als wären sie eh auch Erdberger, die nur beschlossen hatten, woanders zu leben.
Ernst Molden

Ernst Molden

Das mittlere Burgenland rührt mich.

von Ernst Molden

über Großwarasdorf

Manchmal müssen wir Wiener hinausgehen in die Bundesländer, um den Menschen dort zu erzählen vom Zauber unserer großen alten Stadt. Leute wie ich tun dies mit mittelgut geeigneter Musik und Songs, die wir den Bundesländerischen dann vorspielen und -singen. Solche Fahrten sind kein Leichtes, bisweilen sogar echte Kreuzzüge des Herzens, denn siehe: Nicht alle Bundesländerischen können uns leiden, und nicht alle wollen uns verstehen. Darum wählen wir für unsere Reisen auch gern den Frühling, den Sommer und den zeitigen Herbst, damit, zumindest, äh, Klima und Umwelt uns unterstützen. Sprich: Je älter der hauptstädtische Musiker wird, desto weniger gern fährt er genau jetzt in die Provinz.Es sei denn, der Ruf des weiten Landes da draußen ist stark genug. Mich erreichte er unlängst aus Großwarasdorf, auch Veliki Borištof, einer kroatischen Ortschaft im mittleren Burgenland. Das mittlere Burgenland rührt mich. Es ist malerisch, aber kaum ausgestattet mit vordergründigen Attraktionen. Während das nördliche Burgenland den Neusiedler See hat, das südliche aber seine Bilderbuchhügerln und seine Künstler-G`schaftigkeit, so hat das mittlere gerade einmal Franz Liszt und den blaufränkischen Wein.Wir fanden das Dorf als Mitte einer eisigen Nebellandschaft, aber trotzdem lag eine östliche Wärme und Geborgenheit in der schwarzen Nachtluft. Veranstalter Herr Alex, der das Tor zu einer erstaunlich großen Halle öffnete, bot uns sogleich Blaufränkischen an, und bemerkte, dass Franz Liszt nicht, wie gern behauptet, im benachbarten

Raiding geboren sei, sondern in Großwarasdorf. Ich nickte und entgegnete, das sei aber eh wurscht, nicht? Irgendwie war das die richtige Antwort, denn Herr Alex brachte noch Wein. Die Großwarasdorfer waren dann ein super Publikum, sie waren nicht, wie`s schon auch passiert out there, ängstlich, fremdelnd oder störrisch, sondern sie hörten sich die Lieder mit einer Coolness und Vertrautheit an, als wären sie eh auch Erdberger, die nur beschlossen hatten, woanders zu leben.Zum Abschied brachte mir der Herr Alex noch ein mittelburgenländisch-deutsches Wort bei, nämlich reixn, was so viel wie scheppern heißt. Durch den Nebel fuhren wir heim.ernst.molden(at)kurier.at

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