Apokalyptizimus

Ernst Molden

Ernst Molden

Es glaubt niemand unter meinen vernnünftigen Freunden ans End of The World, nicht einmal As We Know It.

von Ernst Molden

über das Gute und Schlechte 2012

Aufgrund der Dringlichkeit, mit der Lieblingsredakteurin Anni diesen Silvestertext einfordert, schließe ich, dass meine Redaktion nicht an das Ende der Welt glaubt, sonst hätte sie mir statt „Gemma!“ wohl sowas gemailt wie: „Wenn du willst, schreib noch eine, wenn nicht, mach dir eine gute Zeit, es war doch eigentlich sehr schön hier, Seawas.“ Auch unsere Brut hat, ebenso wie andere Familienmitglieder, die Weltuntergangsoption innerlich fallengelassen, nach Phasen des Interesses und des Zweifels. Das spricht einerseits für die geistige Gesundheit dieser Familie, ist aber andererseits auch ein bisschen fad, insbesondere deshalb, weil so ein Hauch von Apokalyptizimus die Vorweihnachszeit zu würzen weiß. Und zwar in dem Sinn, dass er den ganze Irrsinn mit sakral gerechtfertigtem Kommerz noch ein bisschen offensichtlicher macht. Aber okayokay, es glaubt niemand unter meinen vernnünftigen Freunden und Bekannten ans End of The World, nicht einmal As We Know It. Ich eh auch nicht. Also wende ich mich jetzt (nach Vergeudung der Hälfte meines wöchentlichen Platzes für fragwürdige Philosophie) dem verhassten aber immer wieder eingeforderten Thema Jahresrückblick zu. Alsdann, gut an 2012: Meine Frau. Meine Kinder. Der letzte Sommer. Die neuen Lieder des Nino aus Wien. Ein halbschattiger Strand an der Schwarza im Höllental, Anfang Juli. Die vergleichsweise stabile Gesundheit dieser Familie. Die Paprikawürste vom Rochusmarkt. Unser Kamin. Die neuen Lieder von Bob Dylan. Erdberg bei Sonnenschein. Erdberg bei Regen. Meine neue, zierliche, fuchsbraune Folk-Gitarre. Wie Geschenke, ein paar neue Freunde; zwei in Oslip, im Burgenland, und zwei in Hütteldorf. Das Vielleicht-ja-doch-zur-Verantwortung-Ziehen von ein paar grindigen Glücksrittern der sogenannten schwarzblauen Zeit. Die neuen Lieder des Raphael Sas und der Sibylle Kefer. Undundund. Schlecht an 2012: Die temporäre Abwesenheit meiner Frau und meiner Kinder. Die Kürze des Sommers. Raten, Voten, Downloaden. Zu viele Westautobahn-Kilometer. Die große Chance. Und- undund. Und wenn wir untergehen, werden Sie das alles nicht mehr lesen. Na ja, täte mir jetzt fast leid.

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