Verzweifelter Kampf gegen die Kulturpolitik

Die freie Szene in Wien fordert unter anderem mehr Geld.
Thomas Trenkler

Thomas Trenkler

Mal schauen, ob Mailath den Vorwurf entkräften kann, es finde eine „paternalistische Kulturpolitik von oben statt“.

von Thomas Trenkler

über den Wiener Kulturstadtrat:

Die Interessensvertreter der freien Szene in Wien glauben, dass eine andere Kulturpolitik nötig sei. Im September 2015, also vor der letzten Wahl, wurde ein Katalog mit 15 Forderungen präsentiert. Doch seither passierte nichts. Die Proponenten der Szene üben sich daher in Aktionismus: Seit 1. März veröffentlichen sie täglich einen offenen Brief mit je einer ihrer Forderungen an Bürgermeister Michael Häupl, Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (beide SPÖ) und Koalitionspartnerin Maria Vassilakou (Grüne). Am 15. März wird alles Pulver verschossen sein.

Einige Forderungen – wie zum Beispiel „Wien als TTIP-freie Kommune zu deklarieren“ – sind ein bisschen realitätsfern, die meisten aber haben ihre Berechtigung. Fördermodelle sollten mit den Betroffenen erarbeitet werden, die Kulturpolitik dürfe sich nicht nur auf parteipolitisch und touristisch nutzbare Institutionen und Events konzentrieren, der Anteil des Kulturbudgets für die freie Szene habe auf mindestens zehn Prozent angehoben zu werden, die Kulturpolitik sei gefordert, die Mehrsprachigkeit und die Vielfalt der Wiener Bevölkerung als Realität und Bereicherung anzuerkennen. Und so weiter.

Am zehnten Tag der Aktion zog man Zwischenbilanz: „Von Seiten der politisch Verantwortlichen“ gab es „keine Reaktionen auf die an sie persönlich verfassten Briefe“. Eine Schlappe? Man gibt (noch) nicht auf: Die Haltung der Politik lasse „unsere Forderungen nur noch eindringlicher und notwendiger werden.“ Die Hoffnungen ruhen auf einer Podiumsdiskussion, die am 16. März im TAG (Theater an der Gumpendorfer Straße) stattfindet: Man will Mailath-Pokorny „gerne noch einmal die Möglichkeit zu einer konstruktiven Diskussion“ geben.

Ob er Rede und Antwort stehen wird? Das letzte Mal, eben vor der Wahl, hatte er – leider, leider – kurzfristig einen wichtigeren Termin. Mal schauen, ob er nun den Vorwurf entkräften kann, es finde eine „paternalistische Kulturpolitik von oben statt“.

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Die Freiheitlichen haben soeben bewiesen, dass der Blondinenwitz nicht auf Vorurteilen beruhen muss. Am 28. Februar brachte Susanne Winter im Zusammenhang mit der Retrospektive Balthus im Kunstform Wien eine parlamentarische Anfrage ein. Der Künstler sei, schreibt sie (im Original leider etwas fehlerhaft), „vor allem durch seine Bilder von pubertierenden oder noch jüngeren Mädchen in zweideutigen Posen“ bekannt. Von Kulturminister Josef Ostermayer ( SPÖ) will Winter daher wissen, ob er sich mit den Darstellungen identifiziere – und ob das Kunstforum von seinem Ministerium mit Förderungen bedacht werde.

Ein Blick in den Kulturbericht hätte genügt: Das Kunstforum erhält keine Subventionen. Und es ist einerlei, ob Josef Ostermayer die Bilder goutiert oder nicht. Trotzdem wurde auch die Freiheitliche Dagmar Belakowitsch-Jenewein aktiv. Am 4. März richtete sie gleichlautende Anfragen an so gut wie alle Mitglieder der Regierung, also auch an den Minister für Verkehr, Innovation und Technologie, jenen für Land- und Forstwirtschaft und an die Ministerin für Inneres. Ihr Tratsch-Partner zählte insgesamt 13 Anfragen. Die Beamten haben also bei der Beantwortung einiges zu tun. Zu bezahlen hat dies leider der Steuerzahler.

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