Schottenbergs Stern leuchtet nicht mehr
Meine Güte, war das eine Aufregung vor zehn Jahren, als Michael Schottenberg als neuer Direktor auf dem Dach ein fünfzackiges Logo anbringen ließ. Denn es erinnerte an den Sowjetstern – und bestand doch nur aus fünf Volkstheater-Vaus.
Dieser einst pulsierende Stern leuchtet schon lange nicht mehr. Zu teuer wäre die Reparatur der Steuerungsanlage gekommen, eine Einsparmaßnahme quasi. "Schotti" achtete all die Jahre tunlichst darauf, mit dem im Vergleich armseligen Budget das Auslangen zu finden. Das gelang nur mit vielen Kompromissen.
Nun endet Schottenbergs Ära. Den roten Stern wie eine Flagge einzuholen, steht nicht zur Debatte. Erstens, weil Schottenberg ohnedies in der Rotensterngasse wohnt. Und zweitens, weil die Genehmigung für das Logo am Dach an seine Direktionszeit geknüpft ist. Der Vertrag läuft bis Ende August: Danach mag mit dem Stern passieren, was will. Vielleicht lässt Anna Badora, die Nachfolgerin, ihn tatsächlich versteigern.
Die Stimmung ist derzeit wenig erbaulich. Denn Badora bringt vom Grazer Schauspielhaus das halbe Ensemble mit – und übernimmt nur vier Schauspieler: Claudia Sabitzer, Günter Franzmeier und zwei Betriebsräte. Neu besetzt wurden u. a. Betriebsbüro, Kostümwerkstätte, Presse und Marketing. Gerüchteweise hat Badora mit vielen Mitarbeitern nicht einmal gesprochen, auch nicht mit Sibylle Fritsch, die das Programm für die Rote Bar konzipiert hat. Einzige Konstante bleibt Cay Urbanek, der kaufmännische Direktor. Aber dessen Agenden soll Badora, die zu allen wichtigen Terminen ihren Mann Thomas Finkenstädt aus Düsseldorf einfliegen lässt, sukzessive zu beschneiden versuchen.
Das alte Team ärgert sich vor allem darüber, dass man wie wahnsinnig gespart hat – und nun spiele Geld keine Rolle. Positiv formuliert: Die designierte Chefin lotet Grenzen aus. In der neu besetzten Dramaturgie – Heike Müller-Merten, zuletzt bei Badora in Graz tätig, und dem in Berlin lebenden Wiener Roland Koberg – soll es zudem nicht friktionsfrei zugehen.
Mit welchen Stücken sie ab 5. September startet, will Badora am 7. Mai bekannt geben. Man hört, es sei u.a. eine Dramatisierung des Romans "Fasching" von Gerhard Fritsch geplant. Fix hingegen ist, dass um 1,2 Millionen Euro im Parterre eine stark ansteigende Tribüne eingebaut wird. Dadurch verbessert sich die Sicht von weiter hinten.
Einst, vor 125 Jahren, hatte das Volkstheater 1843 Plätze, später deren 1148. Seit der Zeit von Emmy Werner gibt es 970 Plätze. Aufgrund der neuen Tribüne, für die ein zehn Jahre laufender Kredit aufgenommen wurde, reduziert man das Fassungsvermögen über den Sommer noch einmal – um 120 bis 160 Plätze. Badora wird sich also weit leichter tun, mit hohen Auslastungszahlen zu glänzen.
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