Pröll realisiert ein vom Bund bezahltes Konzept
Karners neue Kleider: "Niederösterreichs Konzept" für das Haus der Geschichte in St. Pölten.
Am Dienstag stellte Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) das Projekt des Historikers Stefan Karner für die Shedhalle im Kulturbezirk von St. Pölten vor. Der Standard bezeichnete dieses in der Printausgabe vom Mittwoch als „Niederösterreichs Konzept für ein Haus der Geschichte“. Doch ist dem so?
In der langen Geschichte der Debatte um ein HDG müssen wir in das Jahr 2006 zurückblättern. Am 22. März jenes Jahres beauftragten Elisabeth Gehrer, damals Kulturministerin, und Günther Platter, damals Verteidigungsminister (beide ÖVP), eine Arbeitsgruppe mit einer Umsetzungsstrategie, einer „Roadmap“, für die Realisierung des HDG der Republik. Dieser Gruppe unter der Leitung von Günter Düriegl gehörten Manfred Jochum, Stefan Karner, Herbert Matis und Christian Ortner an. Alle noch lebenden Mitglieder der Gruppe (Jochum starb 2009) sind in das Projekt für St. Pölten involviert; Hans Haider, der ehemalige Kulturressortleiter der Presse, ist wie damals Sekretär.
Ende Juni 2006 legte die Gruppe ihr Konzept vor. In der Zusammenfassung hieß es: „Das HDG der Republik Österreich soll ein offenes Forum sein, auf dem sich Wissenschaft und Öffentlichkeit begegnen, ein Ort der Darstellung neuer Erkenntnisse und der Überprüfung historischen Mythen.“ Das Mission Statement für St. Pölten beginnt mit: „Das HDG Niederösterreich … versteht sich als offenes Forum, in dem einander Wissenschaft und Öffentlichkeit begegnen, als Ort der Darstellung neuer Erkenntnisse, der Diskussion und Verhandlung von Geschichte sowie der Hinterfragung historischer Mythen.“
2006 hieß es: „Das HDG vermittelt die wesentlichen Aspekte der österreichischen Geschichte in drei Bereichen: Ausstellungen – Forschung – Service.“ 2015 heißt es: „Das HDG Niederösterreich ruht von seiner Konzeption her auf ... drei Säulen: Ausstellung – Service – Forschung.“
2006 sollte das HDG die Funktion einer „Clearingstelle“ übernehmen. 2015 soll das HDG Niederösterreich auch „Clearingstelle“ sein.
2006 hieß es: „Österreich wird in den europäischen und weltpolitischen Kontext gestellt.“ Und: „Anzustreben ist, die strenge Chronologie zugunsten thematischer Festlegungen aufzubrechen.“ 2015 heißt es: „Im zentralen Bereich der Ausstellung wird anhand von thematischen Längsschnitten die Geschichte Niederösterreichs und Österreichs im zentraleuropäischen Kontext aufbereitet.“
2006 hieß es: „Die Sonderausstellungen sind themenorientierte, ergänzende Vertiefungen.“ Im Konzept 2015 wird die Fläche für Sonderausstellungen „Vertiefungsraum“ bezeichnet.
2006 hieß es: „Im Zentrum steht der Zeitraum 1918 bis zur Gegenwart, wobei für die Erklärung mancher Phänomene Rückgriffe in das 19. Jahrhundert und fallweise sogar noch weiter zurück unumgänglich sind.“ 2015 heißt es: „Auch wenn hier der Schwerpunkt auf der Zeit ab der Mitte des 19. Jahrhunderts liegt, sind Rückbezüge auf weit frühere Epochen notwendig.“
Parallelen ohne Ende. Erwin Pröll realisiert also kein HDG Niederösterreich, sondern ein für Niederösterreich adaptiertes HDG der Republik Österreich. Der Staat zahlte für die „ Roadmap“ übrigens 58.600 Euro.
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