Ja, es geht um Ethik. Zumindest im Theater

Thomas Trenkler

Thomas Trenkler

Kann aber Theater Krieg noch glaubwürdig infrage stellen, wenn sich die Künstler auf Kosten eines Waffenfabrikanten amüsieren?

von Thomas Trenkler

über fragwürdige Sponsoren

Strahlende Gesichter gab es vor ein paar Tagen im Ronacher. Bo Skovhus, Jennifer Maines, Bernadett Fodor, Damiano Michieletto und andere wurden mit dem österreichischen Musiktheaterpreis ausgezeichnet, auch Volksoperndirektor Robert Meyer nahm einen "Goldenen Schikaneder" in Empfang, und Festwochen-Intendant Markus Hinterhäuser scherzte, wie die Bilder zeigen, mit SPÖ-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Man feierte sich – mitfinanziert vom Waffenproduzenten Gaston Glock – bis spät in die Nacht. Moderatorin Barbara Rett erlaubte sich zumindest eine knappe, kritische Anmerkung zum Hauptsponsor. Und ORF III-Sendung "Kultur heute" fragte sogar bei den Veranstaltern nach. Sie seien "glücklich", Gaston und Kathrin Glock als "Mäzene" zu haben, sagten Karl-Michael Ebner und Daniel Serafin: "Es geht nicht um Ethik, es geht um Musiktheater." Ari Gülgün-Mayr, die sich als Interviewerin redlich bemühte, ließ das leider so stehen.

Es geht sehr wohl um Ethik. Nicht in der Waffenindustrie, aber im Theater. Michael Schottenberg zum Beispiel, der nun mit einem letzten Aufbäumen Abschied vom Volkstheater nimmt, vertrat und vertritt die Ansicht, dass Theater eine pädagogische Aufgabe habe, ja, auch eine moralische Anstalt sei: "Theater kann keine Kriege verhindern. Aber es kann den Krieg infrage stellen."

Klaus Bachler, der große, nun in München tätige Operndirektor, sieht es ähnlich, auch wenn er den klassischen Begriff ablehnt. "Moral unterscheidet zwischen Gebot und Verbot: Dort ist die Kunst, meiner Ansicht nach, nicht sehr gut angesiedelt", sagte er in einem Interview. Aber: "Ich glaube, dass Theater eine ethische Anstalt sein muss. Es geht im Theater um das Menschenbild, um den Humanismus." Gerade in der heutigen Zeit habe das Theater eine "sensibilisierende Funktion", eine "gesellschaftshygienische Bedeutung". Vielleicht ist das auch nur eine Vision: "In einer Gesellschaft, in der Theater einen Stellenwert hat, wird man anders miteinander umgehen", meint Bachler. "Das fängt beim Zuhören an und reicht bis zur Beschäftigung mit dem, was einem fremd ist."

Die Theater, ganz besonders die Staatstheater, haben noch immer, trotz Malversationen da und dort, einen untadeligen Ruf. Sie gelten als integre Institutionen, die ihre Berechtigung haben, auch wenn die Mehrzahl der Menschen sie nur von außen kennt. Doch viele Theatermacher sind mittlerweile käuflich: Sie nehmen ohne Genierer das Geld von schlecht angeschriebenen Firmen, die sich über das Kultursponsoring "einen Imagetransfer" erwarten. Der Glanz der subventionierten Theater soll auf diese Unternehmen und deren Besitzer, die auf Kosten der verarmten Spieler zu den reichsten Österreichern wurden, abfärben.

Und nun machen sich manche auch mit Glock gemein. Kann aber Theater Krieg noch glaubwürdig infrage stellen, wenn sich die Künstler auf Kosten eines Waffenfabrikanten amüsieren? Das Gejammere wird groß sein, wenn der Steuerzahler nicht mehr bereit ist, ein derart verlogenes Getue zu finanzieren.

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