Freiheitliche Anfragen als parlamentarischer Müll

Thomas Trenkler

Thomas Trenkler

Der Missbrauch der parlamentarischen Anfrage für Propagandazwecke sollte, denkt man sich, unter Strafe gestellt werden.

von Thomas Trenkler

über den Aktionismus einer FPÖ-Abgeordneten

Vor ein paar Jahren äußerte sich die FPÖ-Abgeordnete Anneliese Kitzmüller ablehnend über die Väterkarenz. „Echte Männer“, sagte sie, würden „für ihre Familie“ sorgen. In den letzten Monaten machte sie wieder von sich reden – mit einem Hang zum Aktionismus, wie Michael Huber, dem Kunstkritiker des KURIER, auffiel. Denn sie will Persönlichkeiten, die ihrer Meinung nach „sudetendeutsche Wurzeln“ hätten, durch die Republik gewürdigt wissen.

Kitzmüller geht es aber nicht so sehr um die Würdigung der Leistungen, sondern um eine Wertschätzung der Sudetendeutschen, die 1945 vertrieben wurden und „eine neue Heimat in Österreich gefunden haben“. Interessanterweise ist unter den Personen, die sie gewürdigt wissen will, keine einzige, die vertrieben wurde: Die meisten waren 1945 schon tot.

Da Kitzmüller keine blasse Ahnung zu haben scheint, wer in der Regierung für was zuständig ist, müllte sie die Minister durch die Bank mit parlamentarischen Anfragen zu. In der jüngsten, gerichtet an Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner, geht es um die Maler Gustav Klimt, Egon Schiele und Oskar Kokoschka.Sie besteht aus unpackbaren 56 Fragen.

Das liest sich so: „1. Gibt es seitens Ihres Ministeriums Bestrebungen für eine Würdigung der Maler Klimt, Schiele und Kokoschka? 2. Falls nein, warum nicht? 3. Falls ja, welche Bestrebungen werden seitens Ihres Ministeriums unternommen, um die Maler Klimt, Schiele und Kokoschka zu würdigen? 4. Falls ja, steht Ihr Ministerium in Kontakt mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft, um eine Würdigung für die Maler Klimt, Schiele und Kokoschka vorzubereiten? 5. Falls nein, warum nicht? 6. Falls ja, seit wann stehen Sie mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Kontakt? 7. Falls ja, gibt es bereits erste Ergebnisse bezüglich der Würdigung der Maler Klimt, Schiele und Kokoschka? 8. Falls ja, welche Ergebnisse gibt es genau? 9. Falls ja, gibt es einer Chronologie, welcher allfällige Fortschritte der ,Würdigung‘ erkennen lässt? 10. Falls nein, warum nicht? 11. Falls ja, wo genau kann man diese ,Zeitleiste‘ einsehen? 12. Falls nein, wird sich Ihr Ministerium mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Verbindung setzten, um eine Würdigung zu gewährleisten? 13. Falls nein, warum nicht?“ Und so weiter.

Mit ähnlichen Machwerken belästigte Kitzmüller zuvor schon Verteidigungsminister Gerald Klug (betreffend „Würdigung des altösterreichischen Arztes und Schriftstellers Ernst Weiss“), Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (zu Rainer Maria Rilke und Bertha von Suttner), Kulturminister Josef Ostermayer (zu Adalbert Stifter und Max Brod) sowie Außenminister Sebastian Kurz (zu Franz Kafka). Der Missbrauch der parlamentarischen Anfrage für Propagandazwecke sollte, denkt man sich, unter Strafe gestellt werden.

Einige Antworten liegen bereits vor. Große Mühe haben sich die Minister nicht gemacht. Wer könnte es ihnen verdenken? Kurz antworte klug – und Klug kurz: „In Hinblick auf den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport ist eine Würdigung nicht vorgesehen.“ Die Beantwortung der Fragen zu Weiss? „Entfällt.“

Ach ja: Die Kollegen Georg Leyrer, Philipp Wilhelmer und Huber sind sehr wohl echte Männer. Eben weil sie sich um ihre Familien sorgen – und in Väterkarenz gegangen sind.thomas.trenkler

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