Die Staatsoper ist ein Dorf – und eine Hochburg der Auslastung

Thomas Trenkler

Thomas Trenkler

Dominique Meyer ärgerte sich zwar über Holenders Kritik, wollte aber nicht direkt antworten.

von Thomas Trenkler

über die Wiener Staatsoper

Ioan Holender, Staatsoperndirektor im Unruhestand, übte kürzlich im KURIER-Interview recht viel Kritik – an den Wiener Philharmonikern und über die Bande auch an seinem Nachfolger. Dominique Meyer ärgerte sich zwar, er wollte aber nicht direkt antworten. Die Zahlen würden für ihn sprechen. Auch in der soeben zu Ende gegangenen Saison wurde ein Rekord bei den Karteneinnahmen erzielt. Diese stiegen von 33,5 auf 34,1 Millionen Euro. In Holenders letzter Saison (2009/’10) hatten sie 29,3 Millionen betragen. Ermöglicht wurde dies durch eine Anhebung der Preise und eine Ausweitung des Programms (von 337 auf 361 Veranstaltungen). Hinzu kommt, dass die Auslastung von 97,93 auf irrwitzige 99,02 Prozent stieg, bei Opern sogar auf 99,50 Prozent. Das ginge nur mit massenkompatibler Belcanto-Ware in gefälliger Verpackung? Meyer widerspricht – und verweist auf Produktionen wie "Věc Makropulos", "The Tempest", "Chowanschtschina", "Jenůfa" und "Tri Sestri". Ob sich Holender damit zufrieden gibt?

Die Staatsoper ist ja ein Dorf mit 1000 Einwohnern. Was sich so alles Backstage abspielt, das fängt das 20-köpfige Team von Christopher Widauer ein, der sich seit März 2013 um die digitalen Angebote kümmert. Bisher wurden auf YouTube 166 Videos hochgeladen: Making-of-Dokus, Porträts und Interviews. Die Zugriffszahlen sind natürlich im Vergleich zu den Clips von Rihanna oder Lady Gaga erbärmlich. Aber immerhin: Die Matinee zu "Rigoletto" brachte es auf 3300 Aufrufe, der Probenbericht zu "Ariadne auf Naxos" mit Christian Thielemann auf immerhin 2500.

Hauptaufgabe sind die Live-Übertragungen. In der vergangenen Saison gab es deren 45, etwa 9000 Kunden buchten knapp 18.000 Streams. Die Zahl der Zuschauer lag aber weit höher, denn es macht keinen Spaß, Oper allein anzuschauen. Die meistverlangten Streams waren "Die Fledermaus" zu Silvester und "Götterdämmerung" am 7. Juni.

An den Erfolg der Met, die ihre Vorstellungen in Kinosäle überträgt, kommt die Staatsoper allerdings noch lange nicht heran. Und ob sich die Zuschauer daheim genauso schick machen wie für das Gemeinschaftserlebnis im Kino? Das wurde nicht eruiert. Bekannt ist nur: 75 Prozent der Staatsopern-Fernseher kommen aus dem Ausland (17 Prozent aus den USA und 16 Prozent aus Deutschland). Die Kosten sind klarerweise höher als die Einnahmen. Um der Kritik von Holender zuvorzukommen: Der Aufbau der digitalen Plattform um 900.000 Euro wurde angeblich von Sponsoren finanziert.

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