Tagebuch: Jenseits von Europa

Tagebuch: Jenseits von Europa
Der Rauswurf von Indonesiens Teamchef Alfred Riedl löst empörte Reaktionen aus.

Der Rauswurf des österreichischen Teamchefs löst soeben empörte Reaktionen im Internet-Forum des Jakarta Globe aus. Die Rede ist somit nicht von Dietmar Constantini, sondern von einem seiner Freunde, der in einem Land, in dem um 229 Millionen Menschen mehr leben als in Österreich, einer politischen Säuberungswelle zum Opfer fiel. Und das, obwohl Alfred Riedl in Indonesien von den Medien zum Trainer des Jahres (aller Sportarten) gewählt und seither kein Länderspiel mehr ausgetragen wurde. 48 Stunden nach dem Umsturz im Verband, bei dem sich Vertreter der blauen Partei gegen die bisher dominierenden Gelben durchsetzten, wurden vom Präsident bis zum Portier alle gefeuert. Riedls Vertrag war noch von den Gelben abgeschlossen worden. Nachfolger des Niederösterreichers wird mit Wim Rijsbergen ein ehemaliger niederländischer Vizeweltmeister, der zuletzt Klubtrainer in der illegalen indonesischen Liga war. Riedl saß bis zur plötzlichen Verbandsrebellion im größten moslemischen Land der Welt dermaßen fest im Sattel, dass er Angebote aus Zentralasien ausschlug und Hans-Peter Schaller zum Teamchef-Job in Laos verhalf. Schaller ist inzwischen mit Erfolgen gegen Kambodscha in Runde 1 der WM-Qualifikation (schon für 2014) ein optimaler Start gelungen.

Schutzfaktor 50

Mit Helmut Kronjäger erwarb sich ein weiterer Steirer als Entwicklungshelfer auf exotischem Fußballboden in kurzer Zeit einen guten Ruf. Der Präsident der Salomon-Inseln ließ die österreichische diplomatische Vertretung in Canberra (Australien) wissen, dass er Kronjäger als Teamcoach wiedersehen wolle. Kronjäger (hauptamtlich für den Nachwuchs im steirischen Verband zuständig) hatte sich erst zu Jahresbeginn nach einer 36-Stunden-Flugreise im südpazifischen Raum trotz Schutzfaktor 50 als geduldiger Fußballlehrer Sonnenbrände geholt. Heimatverbundene Promis à la Hans Krankl und Herbert Prohaska mögen über solche Abenteurer schmunzeln. Nur: Vielen arbeitslosen A-Lizenz-Besitzern vergeht längst das Lachen. Bald wird nicht nur in Europa das Angebot größer als die Nachfrage sein. Sobald der Rubel rollt, wird daher auch von namhaften Trainern nicht mehr wählerisch auf die Landkarte geschaut, sondern so manches Himmelfahrtskommando in ehemaligen Sowjetländern angenommen. Die Arabischen Emirate gelten vergleichsweise als Paradies. Dort wird es Anfang Oktober zu einem heißen Duell zwischen Diego Maradona (Al Wasl Dubai) und Pepi Hickersberger (Al Wahda Abu Dhabi) kommen. Sofern Herrn Josef zuvor nicht ein Schicksal à la Riedl ereilt.

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