Tagebuch: Allein in der Wildnis

Tagebuch: Allein in der Wildnis
Wenn die Speedspezialisten in den Weltcup einsteigen, sind bei den Rennen nicht mehr Leut' als in einer Fußball-Kantine vor einem Unterhaus-Kick.

Im Sommer lockt der Gletschersee dermaßen viele (großteils asiatische) Touristen an, dass das Gelände im kanadischen Naturpark oft polizeilich gesperrt werden muss. Im Winter sagen sich dort die Füchs' plus 80 Skirennläufer gute Nacht. Alle November wieder beginnt fernab der Zivilisation der Weltcup für die Speed-Spezialisten. Alle November wieder wohnt die ganze internationale Ski-Elite, einschließlich des (in Hochform befindlichen) amerikanischen Einzelgängers Bode Miller, im riesigen Château unter einem Hotel-Dach.

Und alle November wieder sind bei den Rennen nicht mehr Leut' im Zielraum als in einer Wiener Fußball-Kantine vor einem Unterhaus-Kick. Dabei haben die Downhiller unter Regie des ehemaligen Linzer Bundesliga-Fußballers Max Gartner, der jetzt Kanadas Skipräsident ist, das wertvollste Edelmetall erobert, noch ehe Mister President heuer einen Goldminenkonzern als Sponsor gewinnen konnte: Erik Guay ist der Abfahrtsweltmeister von 2011. Zwei Jahre zuvor hatte Landsmann John Kucera in Val d'Isère den WM-Titel geholt. Kucera riskiert am Samstag in Lake Louise - dort, wo er sich im November 2009 ein Bein mehrfach gebrochen hat - ein Comeback. In LL steht das geringe Publikumsinteresse in keiner Relation zu den Gefahren auf der vermeintlich leichten Strecke. Die Kanadier wollten ihr Speed-Doppel (Samstag Abfahrt, Sonntag Super-G) näher Richtung Großstadt (Calgary) nach Nakiska verlegen. Der Internationale Skiverband lehnte ab, obwohl Nakiska 1988 der Olympia-Schauplatz gewesen war. Aber vielleicht haben die großen Tiere des Internationalen Skiverbandes den Wildwechsel gewittert: Erst vor vier Tagen entging in Nakiska der Schweizer Abfahrtshüne Marc Gisin nur um Zentimeter einer Kollision mit einem Geweihträger (siehe Video).

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