Sex: Mit oder ohne Lux?

Anknipsen, ausknipsen – das ist die Frage. Oder aber: Was ist besser – Sex im Dunkeln oder im erleuchteten Zustand? Fürs Erste: Beides hat seine Vor- und Nachteile sowie Reize. Im Finstern ist es einfacher, sich fallen und treiben zu lassen. Im Lichtschein braucht’s mehr Zeigefreudigkeit und Mut – aber dann hat man was zum Schauen.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Die wollen sehen, was sie in Händen halten und woran sie so dahinlutschen. Sie wollen ein Blick darauf haben, wo sie züngeln, reiben, bohren.

von Gabriele Kuhn

„Darling, dreh die Lampe ab“

Sex wird – meist – mit Dunkelheit verknüpft. Kaum wird irgendwo die Geilheit angeknipst, knipst eine/r das Licht auch schon wieder aus. „Darling, dreh die Lampe ab“, heißt es da oft noch atemlos, bevor das große Greifen und Gieren beginnt.

Denn ja: Schwarz war schon immer die Farbe des lustvoll Abgründigen, neben Rot. Und so sind Puffs alles andere als Flutlicht-Anlagen und so manche Orgie findet gerne mal in einem Dark-Room statt. Mit verbundenen Augen, als prickelnde Blind-Verkostung. Nichts zu sehen – oder eben wenig zu sehen, ermöglicht vielen Menschen, sich beim Vögeln fallen zu lassen. Im Dunkel des (Augen)Blicks gibt es dann nur mehr ein Ich und ein Du. Und das, was mit dem Wir passiert. Der Spür-Sinn verstärkt sich. Im besten Fall ist mit Finsternis ein erotisches Gesamtkonzept gemeint. Triebhaft und kräftig – tabulos. Dazu gehören auch Worte, die bei Licht in einem anderen Licht daherkommen würden. Es ist eben ein Unterschied, ob man sein „Fick mich endlich!“ ins Dunkle haucht, oder sich dabei vom Biedermeierlamperl auf dem Nachtkastl ausleuchten lässt. Licht aus heißt: Es ist möglich, sich im Meer der Dämmerung und Dunkelheit treiben zu lassen. Sex im Finstern ist speziell dann sehr erregend, wenn die Finsternis zur dritten, treibenden Kraft wird. Und das Licht nicht der Vernunft wegen abgeknipst wird – weil man halt Hemmungen hat, sich „so“ zu zeigen. So hingebend, so wie man ist und gebaut wurde – mit all den Fehlern, Dellen, Hügeln, Fettansätzen und dem Erbe der hüftstarken Großmutter. Klar: Es fühlt sich riskant an, gesehen zu werden, während man sich gerade im Spüren verliert. Diesem Risiko entgehen viele Liebende, indem sie sich unsichtbar machen – oder eben nur verschwommen sichtbar.

Das hat aber auch jede Menge Nachteile – etwa, dass der Sehsinn ohne Lichtquelle ziemlich unterversorgt wird. Der aber spielt bekanntlich bei Männern eine nicht ganz unwesentliche Rolle. Die wollen sehen, was sie in Händen halten und woran sie so dahinlutschen. Sie wollen ein Blick darauf haben, wo sie züngeln, reiben, bohren. Das Spannende, meine lieben Damen: Machen Sie sich keine Sorgen, im Detail wahrgenommen zu werden. Haben Sie ein Wimmerl am Hintern? Er wird’s nicht checken. Die meisten Männer entwickeln beim Sex nämlich den Tunnelblick – heißt: Die Aussicht auf die ersehnten Brüste verstellt den Blick auf allenfalls vorhandene Dellen, Pickel, Dehnungsstreifen. Und auch die Option auf Ejakulation lässt ihn so ziemlich alle Makel und andere düstere Aussichten total ausblenden. Es zählt die Momentaufnahme.

Licht per se hat Vorteile, wie jüngst eine Studie zeigte – vor allem für ihn. Auf Männer wirkt es wie ein Potenzmittel, vor allem morgens. Wer sich da im Sonnenschein (oder aber in speziellem Therapielicht) badet, hat mehr Testosteron. Und ist folglich erregter, wissen Mediziner der Universität Siena. Im weitesten Sinne gilt also die Formel „Morgenlatte braucht Morgenlampe“. Etwa als Licht-Bad auf dem Balkon, zum Bimmeln des Kirchturms. Sollte der Badende dabei auf einen ebenso Lichthungrigen am Nebenbalkon treffen, wissen wenigstens alle, was es geschlagen hat. Und das kann so tröstlich wie erhellend sein.

gabriele.kuhn@kurier.at

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