sex IN DER FREIZEIT: Zahlengedächtnis
Neueste Nachrichten aus der Welt der Rekorde: Eine 42-jährige Britin namens Crystal Warren erzählt in der Tageszeitung Daily Mail, dass sie mit über 1.000 Männern Sex hatte. Der Beischlaf sei für sie eine Art Lebenselixier: "Sex ist die einzige Sache, bei der ich mich mit mir selbst wohlfühle." Wie darf man sich das vorstellen? Nun, wenn sie es nicht schafft, täglich zumindest einen erotischen Schnellimbiss aufzutreiben – und das möglichst bis zur oder in der Mittagspause – dann ist sie den Rest des Tages unproduktiv. Fack! Vögeln als Mitarbeitermotivation – bitte, darüber ließe sich schon mal nachdenken.
Aber das soll – genauso wie die damit verquickte Ferndiagnose "Sexsucht" – heute gar nicht das Thema sein. Nur so viel: Ich bin kein Fan einer Schnackselquoten-Regelung. Jeder soll’s treiben, so oft und mit wem er will – vorausgesetzt, es geht ihm/ihr gut dabei.
Was mich dennoch interessieren würde: Wie fühlt ein Mann, der sich in eine dermaßen agile Frau verliebt und sie womöglich ehelichen will? Wie reagiert er darauf, wenn böse Zungen hinter seinem Rücken munkeln, er würde eine Spermadeponie ehelichen? Und sich allenfalls Hoffnung darauf machen, als 1.199. Glied im Club der Teufelin aufgenommen zu werden?
Es ist ja im Vorfeld ernsthafter Verbindungen oft so: Wenn’s ernst wird, rücken die wenigsten in der Sekunde mit Geständnissen wie diesen raus: "Ja, ich liebe dich auch – aber Süßer, vor dir hatten schon 1.198 andere Herren Knutschkontakt mit meinem Muttermund. Kannst du eh damit leben?" Das hat das Potenzial zur ganz großen Liebes- und Erektionskrise. Wo doch so viele Herren – je nach Alter der Begehrten – gerne hören würden: "Schatz, da hat noch keiner gebohrt – aber du? Du darfst!" Und ist man schon kein Kolumbus, dann will man wenigstens nicht am Schwanz-Ende einer Schlange von Vorarbeitern stehen. Andererseits – es hat wohl keiner was dagegen, wenn die Dame routiniert zu Werke geht. Ich sage nur: Blowjob! Handjob! Da kann ein wenig Praxiswissen nie von Schaden sein – erspart es ihm doch mühsamen Einführungsunterricht und allenfalls sogar den Notarzt.
Aber das klärt freilich nicht, ob man jeden Vor-Stoß en detail vermelden muss. Wie viel davon ist dem anderen zuzumuten – die ganze Wahrheit, die halbe Wahrheit, gar keine Wahrheit? Ich hab’s ja sehr mit der Wahrheit – nicht nur aus edlen Motiven, sondern vor allem, weil ich neugierig bin. Okay, ich bin eine Frau. Männer mit Erfahrung sind Bonus-Material.
Hingegen sinkt der weibliche Sozial-Status mit jedem Lover rasch in die Niederung des Besenkammerl-Luders. Wenn einer wie Klaus Kinski behauptet, er habe mit mehr als 1.000 Frauen Sex gehabt, gibt’s Aquaplaning im Hoserl der Fans. Und die Männer sagen: Cooler Johnny, bumm. Wenn eine Frau das von sich behauptet, ist sie eine Schlampe. Nimmersatt. Abnormal. Für sie gilt daher: Gut abwägen, dann reden. Und gleich wieder gehen, wenn er bei ihrer Sex-Biografie eine Blutdruckkrise bekommt. Lieber sollte es die Dame mit Jeanne Moreau halten – sie sagte: "Bedauernswert ist eine Frau, die nichts zu bereuen hat." Aber was exakt bereut werden soll, ist ganz sicher unsere Sache.
gabriele.kuhn(at)kurier.at
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