Wuh! versus Buh!

Schlechter Sex soll bekanntlich öfter vorkommen, als der Mensch zugeben mag – und dennoch ist er kein allzu großes Malheur, sondern eine Erfahrung, aus der man im besten Fall lernen kann. Über sich selbst, über andere.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Sex ist also rasch schlechter Sex, weil die Farbe des Bettzeugs nicht zur Farbe der Wand passt.

von Gabriele Kuhn

über schlechten Sex

Und zack kassiert auch schon Buh-Rufe, wer mehr als drei Mal in die gemischte Runde wirft, Männer hätten die bessere Orientierung und Frauen könnten schlechter einparken. Geht gar nicht! Zwar ist die Mär vom Prototypen eines rein männlichen beziehungsweise durch und durch weiblichen Gehirns Gott sei Dank längst überholt, aber Unterschiede jenseits von Äußerlichkeiten sind dennoch Fixbestandteil des Mann-Frau-Spiels. Daran ist nichts zu rütteln und dafür gibt es zunehmend fundierte wissenschaftliche Beweise, wie etwa eine neue Untersuchung am Weizmann Institut of Science zeigt: Dort haben sich Forscher die Genaktivität von rund 20.000 Genen in 53 verschiedenen Körpergeweben von insgesamt 544 Männern und Frauen angesehen. Was sie herausfanden: 6.500 Gene sind bei beiden Geschlechtern unterschiedlich aktiv – einige werden bei Frauen stärker abgelesen, andere bei Männern. Einfacher formuliert: Es liegt nicht am Erbgut, das bei ihr und ihm so gut wie identisch ist, sondern schlicht daran, wie es genutzt wird. So kommt es dann auch, dass Männer leichter an Muskeln zulegen und Frauen eher an Fett (gemein, nicht wahr?).
Ich weiß nicht, ob das auch irgendwie genetisch codiert ist, aber wenn man das Plauder-Verhalten in Männer- und Frauenrunden vergleichend betrachtet, tun sich ebenfalls Universen auf. Speziell, wenn es um Sex geht. Konkreter: Wenn es um schlechten Sex geht.

Gegenstand derber Zoten

Schlechter Sex ist bei Männern ein eher untergeordnetes Thema, weil: wurscht, Hauptsache da war was. Da kann durchaus ein Nebensatz wie „Sie ist zwar dagelegen wie ein Brett, doch ihre Brüste, aber hallo!“ in die Runde plumpsen. Und alle anderen werden sich an dieser Stelle nicht denken: Fad. Sondern eher: „Jö, das hätte ich auch gerne gesehen/gehabt/erlebt.“ Schlechter Sex ist allenfalls Gegenstand derber Zoten (siehe Harald Schmidt, der sagte: „Für viele Männer ist Autofahren wie Sex: Die Frau sitzt teilnahmslos daneben und ruft immer: Nicht so schnell, nicht so schnell.“) und sorgt für Gelächter – aber sonst: wuh! Der Zugang zu diesem heiklen Thema ist also pragmatisch-quadratisch-cool. Zumal Männer eher dazu neigen, Sex als etwas zu betrachten, das „ihres“ ist. Das sie für sich und ihre Befriedigung tun und nicht, um irgendeinen Lust-Contest zu gewinnen. Außerdem: Definiere „schlechter Sex“! Anders bei Frauen: Frauen können dem Thema sehr sehr viel mehr abgewinnen und es in ganz viele Problemhäppchen aufdröseln. Sie empfinden ja auch um einiges komplexer und erläutern ihre Empfindungen gerne ausführlich, am besten im „vertrauten Kreis“. Zumal Frauen dazu neigen, sich beim Akt von außen zu beobachten und – ja, leider – zu beurteilen, was da gerade läuft. Als wär’s ein Film. Sex ist also rasch schlechter Sex ... – weil die Farbe des Bettzeugs nicht zur Farbe der Wand passt. – weil irgendwas muffelt. Oder aber – weil er saugt statt küsst, heißt: elendiglich küsst. – weil er Brüste knetet und knödelt, statt raffiniert mit ihnen zu spielen. – weil er zu laut stöhnt, zu wenig stöhnt, gar nicht stöhnt, grunzt, ächzt, quietscht. – weil er zu schnell ist, zu langsam ist, zu ruckartig ist, zu wenig tut, zu viel tut. – weil er schweinische Sachen sagt, keine schweinischen Sachen sagt, gar nichts sagt. – weil er zu hart ist, zu weich ist oder leider keines von beiden. Und: – weil Vollmond ist, Neumond ist oder das Wetter wechselt. Buh! Aber vielleicht macht ja genau das den Reiz der viel zitierten Anziehung zwischen dem Prinzip Venus und dem Prinzip Mars aus.

gabriele.kuhn@kurier.at

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