Die falsche Braut

Geht es nach der Pornobranche, dann hat in absehbarer Zeit jeder Mann eine Hightech-Sexpuppe daheim, die aussieht, als wäre sie einem Pornoclip entsprungen. Sie widerspricht nicht, ist allzeit bereit und verfügt natürlich über Brüste in XL-Format. Was das mit dem Bild der Frau anstellt, ist allerdings eine andere Frage.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Man kann auch sagen, dass die Idee eines stereotypisierten Vagina-Anus-Wesens vertrottelt ist.

von Gabriele Kuhn

über High-Tech-Sexpuppen

Sexpuppe. Der Gedanke daran hatte ja vor einigen Jahren etwas völlig Lächerliches. Wer Sexpuppe sagte, meinte Menschen, die mit einer verknautschten Gummihülle hantieren und versuchen, die Gespielin aufzublasen. Die waren Figuren mit starrem Blick, offenem Mund und clownesker Fratze – eine einzige Verzerrung. Deren ganze Absurdität recht fein im Film „Puppenmord“ gezeigt wurde. Der handelt vom durchsetzungsschwachen Lehrer Henry, der davon träumt, seine dominante Frau zu ermorden. Bei einer exzessiven Fete wird er fast nackt an eine lebensgroße Gummipuppe gefesselt. Henry flieht von der Party, befreit sich von der Puppe und schmeißt sie in eine Baugrube. Dabei wird er von anderen Menschen beobachtet, die die Puppe für eine echte Leiche halten. Der Film lief 1990, seither ist viel passiert. Heute wird von der Liebe zu Robotern geredet, zu humanoiden Wesen, deren einzige Existenzberechtigung es ist, als Lustobjekt zu dienen. Mit „Modellen“ wie „Roxxxy“ sind schon längst vollautomatisierte Gummipuppen auf dem Markt, die auf Berührung reagieren oder sprechen können. 2050, sagen Experten, soll die „Robo-Love“ ganz normal sein, worüber an dieser Stelle natürlich schon geschrieben wurde.

Griffbereite 3000-Dollar-Puppe

Wenig verwunderlich, dass sich nun die Pornobranche der Sache annimmt, gilt sie doch als Treiber vieler technischer Entwicklungen im digitalen Zeitalter. Dieser Tage tat die Pornoplattform „X-Hamster“ den Launch einer eigenen Sexpuppe kund – gemeinsam mit der Firma iDoll schuf der Rein-Raus-Riese die Kunstfigur „XHamsterina“. Sie kostet knapp 3.000 Dollar und hat nur eine einzige Funktion: griffbereit zu sein, wenn Männer zu Pornos onanieren. „Unsere Zuseher lieben es, Pornos anzusehen, die meisten sind aber dabei alleine. Deshalb haben wir die perfekte Gefährtin für den modernen Mann kreiert“, kommentierte Alex Hawkins, Vizepräsident von XHamster, die aktuelle Neuentwicklung. Definiere perfekt – womit wir beim Dilemma sind. Das Porno-Pupperl wurde nämlich nach den Vorlieben der Pornokonsumenten gestaltet: „Sie ist hübsch und sexy, sie kommt dir nicht blöd und hält dein Bier. Sie ist bereit, mit dir Sex zu haben – jederzeit und so oft du willst. Sie hat einen Mund, eine Vagina und einen Anus.“ Na bitte. Selbstverständlich gibt es auch Produktdetails für die geneigten Puppen-Liebhaber, etwa zur Länge/Tiefe von Vagina und Analbereich (je 17 cm), Brustgröße (C, D, H) sowie Gesamtgröße (160 cm). Jetzt kann man sagen: Eh lustig, was soll’s, lass den Herren den Spaß. Wo doch oft argumentiert wird, dass so eine Silikonbraut die ideale Alternative zur Prostituierten wäre. Man kann aber auch sagen, dass die Idee eines immergeilen, dem Pornostereotyp entsprechenden Vagina-Anus-Wesens verdammt vertrottelt, weil verdammt rückschrittlich ist. Weil es nichts anderes als die Vision der sexuellen Non-Stop-Verfügbarkeit eines Mega-Titten-dauergeil-Frauenbilds befeuert – und das, jö, ohne Hirn“. Beim Hersteller „Realdoll“ steht jedenfalls unter der Rubrik „10 Gründe, warum echte Frauen nicht immer besser sind“, Folgendes: „Schluss mit Verhandlungen über Sexpraktiken. Ihre Puppe macht ALLES mit!“ Absurd? Dann lesen Sie bitte die seltsame Geschichte des Japaners Senji Nakajima, der seit sechs Jahren mit der Sexpuppe Saori lebt, sie zum Einkaufen mitnimmt und sie wäscht. Eine richtige Freundin sei sie, eine, über die er in Interviews vor allem das da sagt: „Sie raunzt nicht, sie meckert nicht. Sie ist da, wenn ich sie brauche. Sie will nicht mein Geld, sie hört mir nur zu.“ Noch Fragen?

gabriele.kuhn@kurier.at

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