Feuchter (Alb)Traum

Wenn es endlich Sommer ist und heiß, kommen manche Menschen auf gewagte Ideen – auch in erotischer Hinsicht. Die einen geben sich auf dem Balkon freizügiger als sonst, die anderen wollen Sex in der Dusche. Ob das nasse Vergnügen tatsächlich ein Vergnügen wird, hängt von der Machart der Duschkabine ab. Und der Fitness der Brausenden.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Egal. Schaum drauf, schmusen, schmurgeln, shampoonieren.

von Gabriele Kuhn

über Sex in der Dusche

Rock’n’Roll. Es ist Sommer, es ist heiß, da braucht der paarungswillige Mensch offenbar Abwechslung. Etwa in Form alternativer Erotik.

Sie schnurrt nach drei Gin Fizz am Balkon dann in etwa so was: „Zeig mir dein Tigerchen, Tiger“ und meint damit, dass er sich jetzt ruhig einmal vor ihr ausziehen könne. Jetzt, hier, in der Sekunde. Draußen. Wurscht, ob die Nachbarn deppert schauen (die schauen aber eh nicht deppert, weil sie lieber fernschauen). Daher: Mach es. Nun, normalerweise ist es ja so, dass der Gatte immer wieder samstags um die immer wieder gleiche Uhrzeit (so circa gegen 16 Uhr) signalisiert, dass er jetzt für seinen wöchentlichen Geschlechtsakt bereit wäre, worauf sie Jogginghose, T-Shirt, BH und Höschen ab- und sich hinlegt. Und er zwar ebenfalls Hose und Unterhose, aber niemals das T-Shirt ablegt, aber sich auf sie drauflegt. Weil es halt immer so war. Was aber eh nicht viel macht, denn die Rein-raus-Sause – auch Rause genannt – dauert kaum länger als vier oder maximal sieben Minuten (je nach Onanieaufkommen während der Woche).

Das Körperl ist gut durchblutet

Aber jetzt, Schatzi. Abenteuer. An einem Mittwoch, pfuh. Lou Reed singt im Hintergrund „Take A Walk On the Wild Side“, der Abend ist feucht und warm, das Körperl ist gut durchblutet. Außerdem hat sie (Sternzeichen Widder) im großen Sommerspecial Diese Sternzeichen-Paare haben den besten Sex ever eines Frauenmagazins gelesen, dass der Juli erotisch alles „megatoppen“ würde. Zumal er Sternzeichen Skorpion ist – eine Liaison, die „wildesten Sex“ (mit drei oder vier Rufzeichen) bedeuten würde. Auch ultimativer Top-Sex genannt. Und sieh an: Plötzlich hat Tiger eine Idee, er raunt: „Tigerchen will Sex in der Dusche.“

Nun ist es aber leider so, dass diese Dusche eine sogenannte Duschkabine ist, in der man schon aufpassen muss, dass man keinen Bandscheibenvorfall bekommt, wenn man sich nach dem Haarshampoo bückt. Aber egal, drei Gin Fizz sind das Gleitgel für die Zögerlichen: Also ab ins Bad, Wasser an, Schaum drauf, schmusen, schmurgeln, shampoonieren. Irgendwann jedoch beginnt der große Stellungskrieg nach dem Motto „Wie nehmen wir’s jetzt denn?“ Denn kaum bückt sie sich gefällig (wobei es sich nur um eine halbe Bückung handelt, mehr geht räumlich nicht), pickt er mit dem Hintern auf dem Plastik der Duschwand, was er vom Gefühl her hasst. Und den geschlechtsakttypischen Bewegungsspielraum gibt es da ebenfalls nicht. Daher: Alternative! Er versucht im Stehen von vorne in sie einzudringen, was anatomisch ebenfalls nicht so richtig funktioniert. Dafür müsste er einen Hauch kleiner sein, sie in die Knie gehen, was mangels Schleimbeutelreizung aktuell leider unmöglich ist. Gut wäre daher, hätte sie die Kraft, sich um seine Lenden zu schlingen und hätte er die Kraft sie zu halten. Aber weil beide sehr viel im Büro arbeiten, haben sie das beide nicht und schauen ratlos. Währenddessen rieselt das Wasser aus dem Duschkopf und die Haut an den Fingern schrumpelt. Im allgemeinen Gerangel verstellt sie dann die Wassertemperatur von 33 Grad auf knappe 40. Aufschrei. Raus aus der Dusche. Sanftes Schmieren von Rescue-Creme. Lou Reed singt indes „Dirty Boulevard“. Man wird halt doch auf Samstag warten müssen.

gabriele.kuhn@kurier.at

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