Orgasmus by Schwammerl?

Der Internetstar der vergangenen Woche kam nicht aus Hollywood, sondern aus der Erde. Er ist nicht hübsch, sondern stinkt. Wie das? Eine britische Tageszeitung berichtete über die wundersame Wirkung des Pilzes „Phallus indusiatus“. Frauen, die an ihm schnupperten, hatten einen Höhepunkt. Was wirklich dran ist – und was nicht.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Phallus indusiatus“: Das war vorige Woche vermutlich ein viel gelesenes Wort im www. Der Grund dafür: eine recht vollmundige Meldung in der britischen Tageszeitung Daily Mirror. In der wurde berichtet, dass die phallusförmige Stinkmorchel bei Frauen einen Orgasmus auslöst – vorausgesetzt, sie nehmen eine Nase von dem Wald- und Wiesenbewohner. Das klingt natürlich reizvoll. Doch bevor jetzt alle Damen ihr Weidekörbchen zücken, um sich auf die Suche nach dem Phallus-Schwammerl zu machen – ein paar (ernüchternde) Punkte: 1.) Zitiert wurde eine Studie zweier Forscher, die das Gewächs auf Hawaii gefunden haben und dessen Wirkung sie dann an den Damen getestet haben wollen. 2.) Doch leider – die lüsterne Stinkmorchelblase wurde rasch wieder zum Platzen gebracht. In Wissenschaftsportalen hieß es, dass es sich dabei nicht nur um eine sehr kleine, sondern auch schon alte Studie handelt. Tatsächlich wurden nur 16 Frauen und 20 Herren mit dem Geruch des Superschwammerls konfrontiert. Sechs Frauen hatten tatsächlich was davon, der Rest verspürte einfach nur ein bisserl Herzklopfen. Bei Männern löste das Pilzparfum gar nix aus – im Gegenteil: Sie fanden dessen Geruch einfach nur wäh. Schließlich 3.): Das Gewächs bohrt sich nicht im Wienerwald aus der Erde und gedeiht auch nicht unter Waldviertler Wackelsteinen, sondern ausschließlich auf südasiatischem, afrikanischem, amerikanischem und australischem Boden. Ziemlich blöd. Und schade – denn natürlich zeigt diese Geschichte, dass so ein Pilzerl durchaus seine Chance hätte. Die Vorstellung, dass es einen „Orgasmus on demand“ oder „Geilheit by Schwammerl“ gibt, hat was. Wohl deshalb bewegt sie die Menschen seit Jahrhunderten.

Daher gibt es auch kaum eine Pflanze, die nicht auf ihr Erotik-Potenzial abgeklopft wurde. Kaum ein Stein, der nicht dafür inspiziert wurde. Und auch kein Tier, das – getrocknet und pulverisiert – nicht als Lustbringer fungieren sollte. „Pflanzen der Götter“ sollten magische, anregende Eigenschaften haben, um Kontakt zur „Geisterwelt“, zu Göttern und Dämonen herzustellen. Erwünschte Nebenwirkung: mächtige Erektionen, heftige Begierde, ausufernde Lust. Und Potenz auf immer und ewig.

Bis heute gibt es aber kein solches Wundermittel. Ausprobiert wurde viel – auch hochgiftiger Stoff wie Alraune, Bilsenkraut, Stechapfel, Tollkirsche. Oder Früchte aus dem Gemüsebeet wie Paradeiser, Erdäpfel, Melanzani, Paprika, Chilipfeffer. Ein legendäres, aber heikles Aphrodisiakum entstammt dem Tierreich: die Spanische Fliege, die keine Fliege ist, sondern ein Käfer, der zur Familie der Ölkäfer gehört. Überdosiert kann er tödlich sein. Angeblich sind viele Männer in den Armen ihrer Geliebten verendet, weil sie davon ein bisserl zu viel hatten. Daher ist der Gebrauch der Spanischen Fliege streng verboten.

Übrigens hat sie Roald Dahl im Roman „Onkel Oswald und der Sudan-Käfer“ erwähnt – dort wird sie (fiktiv) so beschrieben: „Eine einzige dieser Pillen kann in genau neun Minuten jeden Mann, selbst einen Greis, in eine wunderbar funktionierende Sexualmaschine verwandeln, die imstande ist, seine Partnerin sechs Stunden lang ohne Pause zu befriedigen – ausnahmslos.“ Hach ...!

gabriele.kuhn@kurier.at

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