Lust an der Liste

Vorsätze, To-dos, Ideen, Plus/Minus, Nein/Ja, Vorteile/Nachteile – jeder kennt sie, jeder hat schon eine geschrieben. Die Rede ist von „Listen“, mit deren Hilfe wir ein bisschen Orientierung finden. Auch in Sachen Sex und Liebe.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Von der Long-List des Vögelns bis zu Gewissensfragen ist alles drin.

von Gabriele Kuhn

über Listen

Die Menschen lieben Listen. Sie machen sie, sie lesen sie, sie amüsieren sich darüber. Und oft sind Listen ein Stück Orientierung. Auch in Sachen Zwischenmenschlichkeit, Sex, Liebe.

Hinsetzen, nachdenken, Ordnung machen. Etwa: Das muss ich tun (Aufräumen. Balkonblumen kaufen. Die Mama anrufen.) Oder das will ich tun (Kiffen. Mir von der Nachbarin einen blasen lassen. Tindern.) Listen helfen bei der Entscheidungsfindung, Stichwort Soll ich/Soll ich nicht? Eine Form von Gewissens-Check, nach Vor- und Nachteilen sortiert, für heikle Fälle. Soll ich gehen, soll ich bleiben? Soll ich mit dem Mann meiner Chefin schlafen? Soll ich vielleicht doch einmal ins Puff gehen? Ja. Nein. Ja. Nein. Wir schaffen Ordnung, zwei Lager entstehen. Da das Lager Verstand & Vernunft, dort das Lager Holladero & Wurscht. Am Beispiel Puffbesuch.
Auf der Vernunftseite punkten Preis, Correctness-Aspekt und die Angst, dass Gnä Ehefrau den Ausflug doch irgendwann entdeckt. An der Lust/Instinktfront regiert hingegen das Will haben-Credo und schlichte Argument: Weil ich geil bin. Es gibt inspirierende Listen, etwa jene, die Marilyn Monroe im Jahr 1951 geschrieben hat. Da war sie 25 Jahre alt, und blätterte mit ihrer Kollegin Shelley Winters in einer Ausgabe des „Academy Players Directory“. Also sprach die Monroe: „Wäre es nicht schön, wie ein Mann einfach Kerben am Bettpfosten zu sammeln und mit den attraktivsten Männern zu schlafen, ohne viel Gefühl zu investieren?“ Schließlich griff sie sich einen Stift und schrieb eine Liste von Berühmtheiten, mit denen sie unter dieser Voraussetzung ins Bett gehen würde (nachzulesen im Buch „Lists of Note“, Verlag Heyne) – etwa Charles Boyer, Jean Renoir, Harry Belafonte, Ernest Hemingway. Und Albert Einstein.

Ich kenne jede Menge Menschen, die ähnliche Listen führen oder führten – und das noch handschriftlich. Vor sehr langer Zeit einen Mann, der ein Listen-Buch führte. Darin notierte er sämtliche Frauen, mit denen er geschlafen hatte. Eine Long-List des Vögelns: Jede bekam eine Nummer und Kurzbeschreibung, so: Nr. 45, Silvia, 22, am Beifahrersitz vom Mini. Und eine Freundin von mir ist heute noch in Besitz eines mittlerweile abgegriffenen, verblassten Zettels, auf dem sie ab ihrem 14. Lebensjahr niederschrieb, mit wem sie geschmust hatte (später Petting, noch später mehr). Jedem Typen war eine Kurzbeschreibung zugeordnet sowie – falls vorhanden – die Moped- oder Automarke. Schöne Erinnerung – einfach amüsant. Apropos. Was wäre das Leben ohne lustige Listen? Einer meiner Lieblings-Lustig-Listen stammt aus dem Satiremagazin „Titanic“ und hat den Titel „Liste vollkommen ungeeigneter Orte für Sex“. Voilà:

  • in der Waschmaschine
  • auf dem Rücksitz eines Bobbycars
  • in Omas Kochtopf
  • in einer Frauenhandtasche
  • im Toaster
  • an der Kasse bei Aldi
  • im Hamsterrad
  • in der Tiefkühltruhe
  • im Mittelkreis der Münchner Allianz-Arena während eines Heimspiels der Bayern
  • in Alice Schwarzers Büro
  • in Osnabrück

gabriele.kuhn@kurier.at

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